Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsvertrag. Rehabilitationseinrichtung. Bedarfsprüfung. teilstationäre Rehabilitationsleistung
Orientierungssatz
1. Zur Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit einer Rehabilitationseinrichtung, die teilstationäre Reha-Leistungen zwecks Behandlung neurologischer sowie orthopädisch/traumatologischer Erkrankungen durchführt.
2. Das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art 12 Abs 1 GG, § 111 Abs 2 S 1 SGB 5 iVm § 107 Abs 2 SGB 5 ist verfassungskonform dahin auszulegen, daß Versorgungsverträge auch die Erbringung von teilstationären Reha-Leistungen zum Gegenstand haben können.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagten es zu Recht abgelehnt haben, mit der Klägerin einen Versorgungsvertrag im Sinne von § 111 SGB V bezüglich der Erbringung teilstationärer Reha-Leistungen zwecks Behandlung neurologischer sowie orthopädisch/traumatologischer Erkrankungen zu schließen.
Im Oktober 1994 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines Klinikprofils bei den Beklagten, mit ihr einen Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V abzuschließen. Man habe das Konzept einer wohnortzentrierten Reha-Tages-Klinik am Standort E entwickelt. Es sei beabsichtigt, teilstationäre Reha-Leistungen zu erbringen. Das therapeutische Setting zwecks Behandlung neurologischer Erkrankungen umfasse Krankengymnastik, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Psychologie, Sozialdienst, Pflegedienst; dasjenige zwecks Behandlung orthopädisch/traumatologischer Erkrankungen enthalte außerdem Isokinetisches Test- und Trainingssystem, medizinische Trainingstherapie, Bewegungstraining im Therapiebecken, Autogenes Training. Entsprechend geschultes Personal solle vorgehalten werden. Dabei seien insgesamt 16 ärztliche und nichtärztliche Mitarbeiter für den neurologischen sowie 14 für den orthopädischen Bereich vorgesehen. Jeweils solle der Arzt der primäre Ansprechpartner für die Patienten und seine Angehörigen sein; er habe die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu initiieren, koordinieren, überwachen und flexibel je nach Therapiefortschritt zu beenden. Es handele sich insgesamt um ein integratives Therapiemodell, das eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Therapeutengruppen voraussetze. Die geplante Reha-Tages-Klinik sei für eine Kapazität von 100 bis 110 Patienten ausgelegt. Im Mittelpunkt des gesamten Leistungsgeschehens stehe der mitverantwortliche und aktiv mitwirkende Patient. Das tagesstrukturierte Behandlungsprogramm könne eine vollstationäre Rehabilitation vorbereiten, nachbereiten und damit langfristig stabilisieren, aber auch ersetzen.
Die Beklagten veranlaßten ein MDK-Gutachten. In diesem Gutachten führte Frau Dr. G aus, daß die von der Klägerin geplante Einrichtung sowohl die räumlichen als auch die fachlichen Voraussetzungen für eine wohnortnahe, qualitativ gute Reha-Tages-Klinik erfüllen könne. Für eine solche Einrichtung bestehe jedoch kein Bedarf. Im Falle sich ergebenden Bedarfs an tagesklinischer Nachsorge seien auf jeden Fall bereits vorhandene Einrichtungen durch Umwidmung von Betten in geeigneten Akutkrankenhäusern zu nutzen.
Mit gemeinsamem Bescheid vom 06. 02. 1996 lehnten die Beklagten den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, für eine zusätzliche Einrichtung bestehe im Gebiet der Stadt E kein Bedarf, auch wenn der vorgelegte Antrag unter dem Gesichtspunkt der medizinischen Konzeption zu befürworten sei.
Am 26. 03. 1996 erhob die Klägerin unter dem Aktenzeichen S 34 Kr 30/96 Klage. Sie vertrat die Ansicht, bei der Ablehnung ihres Antrags auf Abschluß eines Versorgungsvertrages handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt, so daß die echte Leistungsklage zulässig sei.
Während des schwebenden Gerichtsverfahrens wandte sich die Beklagte zu 3. an 14 E Kliniken bzw. Krankenhäuser und bat um Antwort, ob und in welchem Umfang Wartezeiten bei der Rehabilitationsbehandlung von Patienten aus den Fachbereichen Neurologie und/oder Orthopädie bestünden. Von den befragten Häusern antworteten nur 6, und zwar im wesentlichen dahin, daß es zu keinen nennenswerten Wartezeiten gekommen sei.
Nachdem das Bundessozialgericht mit Urteilen vom 29. 05. 1996, Az. 3 RK 23/95 und 26/95, entschieden hatte, daß es sich bei der Ablehnung eines Antrags auf Abschluß eines Versorgungsvertrages um einen Verwaltungsakt handelt, nahm die Klägerin zwecks Durchführung des Vorverfahrens am 15. 07. 1996 die Klage wieder zurück.
Am 20. 01. 1997 hat die Klägerin mit der Begründung Untätigkeitsklage erhoben, die für den Erlaß eines Widerspruchsbescheides maßgebende Frist des § 88 Abs. 2 SGG sei seit langem abgelaufen.
Die Beklagten sahen die am 15. 07. 1996 erfolgte Klagerücknahme als Widerspruch an und wiesen ihn mit gemeinsamem Widerspruchsbescheid vom 22. 05. 1997 zurück. Zur Begründung führten sie aus, der Gesetzgeber habe hinsichtlich der Leistungsansprüche des Versicherten lediglich zwischen ambulanter und stationärer Rehabilitation unterschieden. Teilstationäre Rehabilitation sei gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. ...