Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht eines Beamten in der Arbeitslosenversicherung im Rahmen einer Nebenbeschäftigung
Orientierungssatz
1. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3 sind u. a. Personen in einer Beschäftigung als Beamte oder als in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft Tätige versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben.
2. Dies gilt nicht, wenn diese soziale Sicherung des Betreffenden nicht auf seiner statusbegründenden Beschäftigung beruht und § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3 lediglich eine relative Versicherungsfreiheit für die Tätigkeit gewährt, aus der die soziale Sicherung folgt.
3. Die Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB 3 ist allein maßgeblich auf die ausgeübte Tätigkeit bezogen. Die nach dieser Vorschrift bestehende Versicherungsfreiheit gilt nicht für eine neben der statusbegründenden Beschäftigung ausgeübte weitere Tätigkeit. Der Gesetzgeber hat insoweit eine zulässige typisierende Regelung geschaffen.
4. Erhält der Betreffende für seine Tätigkeit als Hochschullehrer eines Bundeslandes für diese Nebentätigkeit im Krankheitsfall keine Fürsorgeleistungen, so sind dessen Einkünfte hieraus versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 12.05.2016 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist noch die Versicherungspflicht des Klägers in der Arbeitslosenversicherung im Rahmen einer Nebenbeschäftigung ab Mitte 2014.
Der 1960 geborene Kläger stand vom 01.04.1988 bis zum 30.06.2014 in einem Beamtenverhältnis; zuletzt als kommunaler Wahlbeamter als Beigeordneter (Sozialdezernent) der Stadt N. Seit dem 01.07.2014 bezieht er von der Stadt N beamtenrechtliche Versorgungsbezüge (59,87 % von B 6). Er ist beihilfeberechtigt und es besteht Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 SGB V. Seine Krankenversicherung ist über die Beihilfe und Absicherung über die private Krankenversicherung abgedeckt.
Seit dem 18.08.2014 übt der Kläger eine Beschäftigung als Professor im Angestelltenverhältnis mit 0,75 und seit dem 01.01.2016 mit 0,8 Stellenanteil bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in L aus. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW meldete ihn mit der Beitragsgruppe 0110 an; Beiträge werden zur Renten- und Arbeitslosenversicherung entrichtet. Im Kalenderjahr 2014 entrichtete der Kläger Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 284,72 EUR.
Unter dem 30.01.2015 legte der Kläger Widerspruch gegen die Abführung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung ein und beantragte die Erstattung der 2014 entrichteten Beiträge. Da er von der Stadt N seit dem 01.07.2014 beamtenrechtliche Versorgungsbezüge beziehe und beihilfeberechtigt sei, sei er nach § 6 Abs. 1 Nrn. 2 und 6 SGB V von der Krankenversicherungspflicht befreit, weil die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung an diejenige in der Krankenversicherung anknüpfe.
Mit Bescheid vom 18.03.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erstattung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2015 als unbegründet zurück. Aktive Beamte seien im Rahmen ihres Dienstverhältnisses arbeitslosenversicherungsfrei (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Versicherungsfreiheit beziehe sich aber nur auf das aktive Dienstverhältnis. Vergleichbare Regelungen für pensionierte Beamte mit Versorgungs-bezügen gebe es nicht. Sofern diese als Arbeitnehmer beschäftigt seien, gebe es bezüglich der Versicherungsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung keine Besonderheiten. Die Befreiungsmöglichkeit nach § 28 SGB III scheide ebenfalls aus, da ein Anspruch auf Regelaltersrente im Sinne des SGB VI nicht bestehe.
Dagegen hat der Kläger am 02.06.2015 Klage beim Sozialgericht Aachen erhoben. Er hat auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 16.09.2009 (L 9 KR 282/06) verwiesen, in der ein identisch gelagerter Fall entschieden worden sei, wonach für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung dieselben Grundsätze zu gelten hätten wie für die Beiträge zur Krankenversicherung. Die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende Anwartschaft auf Ruhegehalt und Beihilfe führe zur Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung. Für die Arbeitslosenversicherung könne nichts anderes gelten, weil in seinem Fall ein Sicherungsbedürfnis gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit nicht gegeben sei. Dieses Ergebnis korrespondiere auch mit der Rechtsprechung des für Beitragsangelegenheiten zuständigen 12. Senats des Bundessozialgerichts (BSG). In den Entscheidungen vom 11.10.2001 (B 12 KR 7/01 R) und vom 29.07.2003 (B 12 KR 15/02 R) führe das BSG aus, dass die Anknüpfung der Versicherungsfreiheit in der A...