Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeit. Beschäftigungslosigkeit. Verfügbarkeit. stufenweise Wiedereingliederung. keine Beschränkung auf Nahtlosigkeitsregelung. Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit
Orientierungssatz
Die unentgeltliche Tätigkeit für einen Arbeitgeber im Rahmen einer stufenweise Wiedereingliederung begründet auch außerhalb der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB 3 aF kein die Arbeitslosigkeit ausschließendes leistungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis und durch die Aufnahme der stufenweisen Wiedereingliederung tritt auch keine Arbeitsunfähigkeit iS des § 126 SGB 3 aF ein (vgl LSG Essen vom 30.8.2012 - L 16 AL 90/12 und LSG Stuttgart vom 28.3.2012 - L 3 AL 5132/11).
Normenkette
SGB III a.F. § 125 Abs. 1 S. 1, § 126 Abs. 1 S. 1, § 118 Abs. 1 S. 1, § 119 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nrn. 1-4, § 121 Abs. 1, § 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; SGB IX § 28; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 9; SGB X § 24 Abs. 1, § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 48 Abs. 1 Sätze 1-2; BMV-Ä § 31 S. 2
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.02.2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird: Der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2010 wird insoweit aufgehoben, als die Bewilligung von Arbeitslosengeld bereits für die Zeit vor dem 01.08.2010 aufgehoben worden ist.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der 1970 geborene Kläger war zuletzt als Lader bei der Gesellschaft für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft L beschäftigt. Vom 22.09.2008 bis zur Aussteuerung am 07.02.2010 bezog er Krankengeld, und anschließend während der Dauer einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme bis zum 22.02.2010 Übergangsgeld zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (11, 21 VA).
Am 08.12.2009 hatte sich der Kläger zum 23.02.2010 persönlich arbeitslos gemeldet und die Bewilligung von Arbeitslosengeld beantragt, welches die Beklagte mit Bescheid vom 11.03.2010 seit dem 23.02.2010 für die Dauer von 360 Tagen auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgeltes in Höhe von 87,66 Euro in Höhe von 42,80 Euro täglich bewilligt hatte.
In einem von der Beklagten veranlassten Gutachten nach Aktenlage vom 25.03.2010 stellte Dr. B vom Ärztlichen Dienst der Beklagten ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für überwiegend schwere Tätigkeiten in allen Körperhaltungen einschließlich der zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Müllarbeiter fest. Einschränkungen bestünden infolge des seit 2008 behandelten Anfallsleidens für Tätigkeiten mit hohen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, Umstellungs- und Anpassungsvermögen, hoher Verantwortung, für Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeit. Möglich seien Tätigkeiten ohne Zeitdruck, Feinarbeiten ohne Selbst- und Fremdgefährdung; auszuschließen seien Tätigkeiten an Einzelarbeitsplätzen und an laufenden Maschinen ohne entsprechenden Schutz.
Am 01.07.2010 teilte der Kläger der Beklagten bei einer persönlichen Vorsprache mit, er werde als Rehabilitationsleistung eine stufenweise Wiedereingliederung bei seinem bisherigen Arbeitgeber absolvieren. Nach dem vorgelegten Wiedereingliederungsplan des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. I sollte er vom 01.07.2010 bis zum 16.07.2010 täglich 3 Stunden, ab 18.07.2010 (handschriftlich auf der Vorderseite geändert: bereits vom 05.07.bis 10.07.) täglich 4 Stunden, ab 02.08.2010 täglich 6 Stunden und ab 16.08.2010 wieder vollschichtig täglich 8 Stunden arbeiten. Dabei hatte der Arbeitgeber nur einem Einsatz an einem anderen Arbeitsplatz als Handreiniger zugestimmt. Ein Teilarbeitsentgelt für die geleisteten Stunden sollte nicht gezahlt werden. Im vom Sachbearbeiter der Beklagten angefertigten Vermerk über die persönliche Vorsprache wurde die Mitteilung einer unbefristeten Arbeitsaufnahme ab 05.07.2010 vermerkt. Der Kläger wollte danach weiter arbeitsuchend geführt werden.
Mit Bescheid vom 05.07.2010 hob die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes wegen fehlender Arbeitslosigkeit ab 05.07.2010 auf.
Mit am 19.07.2010 eingegangenen Widerspruch berief sich der Kläger darauf, dass nach dem Bundessozialgericht (BSG) Zahlungen von Arbeitslosengeld in der gesamten Eingliederungszeit zu leisten seien, wenn kein anderer Träger die Zahlungen übernehme. Das Sozialamt habe ihn auf die Beklagte verwiesen.
Bereits ab dem 01.08.2010 arbeitete der Kläger vollschichtig; die stufenweise Wiedereingliederung wurde zu diesem Zeitpunkt wegen voller Arbeitsfähigkeit abgebrochen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2010, abgesandt am selben Tag, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auch bei einer stufenweisen Wiedereingliederung liege bei 15-stündiger Tätigkeit ein Beschäftigungsverhältnis und damit keine Arbeitslosigkeit mehr vor. Etwas anderes gelte nur, wenn Arbeitslosengeld aufgrund Minde...