Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto. verspätet gestellter Rentenantrag nach dem ZRBG. früherer Rentenbeginn nach Abkommensrecht. Leistungen nach dem EVZStiftG

 

Orientierungssatz

1. Ein beim israelischen Versicherungsträger gestellter Rentenantrag nach Abkommensrecht ist auch für die deutsche Altersrente zu berücksichtigen.

2. Eine Berücksichtigung einer Ghettobeitragszeit nach dem ZRBG scheidet nicht schon deshalb aus, weil die Beschäftigung zuvor als Zwangsarbeit iS des EVZStiftG angesehen worden ist. Auch das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 3.6.2009 - B 5 R 26/08 R = BSGE 103, 220 = SozR 4-5075 § 1 Nr 8 - entschieden, dass die Entschädigung nach dem EVZStiftG keine Leistung iS des § 1 Abs 1 Halbs 2 ZRBG ist, die die Anwendbarkeit des ZRBG ausschließen würde.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.04.2011; Aktenzeichen B 13 R 20/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.11.2007 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheides vom 16.12.2005 und des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2007 verurteilt, der Klägerin Regelaltersrente bereits ab dem 01.01.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Versicherungszeiten im Ghetto Lodz (Polen) nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) bereits ab 01.01.2000 statt wie von der Beklagten entschieden erst ab 01.02.2004 hat.

Die am 00.00.1934 in Lodz geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung, lebt seit 1958 in Israel und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit. Vom Regierungspräsidenten Köln als Entschädigungsbehörde wurde ihr mit Bescheid vom 14.04.1970 wegen Freiheitsentziehung in der Zeit vom 01.05.1940 bis 14.08.1944 eine Beihilfe nach dem BEG-Schlussgesetz gewährt. Unter dem 31.08.2007 teilte die Claims Conference in Frankfurt mit, dass die Klägerin von dort auch eine Entschädigung nach Art. 2 Fonds erhalten hat.

Ein im Jahre 1990 gestellter Antrag auf Anerkennung polnischer Versicherungszeiten sowie auf Zulassung zur Beitragsnachentrichtung wurde von der Beklagten im Jahre 1993 wegen fehlender Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) abgelehnt.

Mit Schriftsatz ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 29.02.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Regelaltersrente ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt unter Hinweis auf die Vorschriften des ZRBG. Mit Rentenbescheid vom 16.12.2005 gewährte die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente in Höhe von monatlich 33,59 Euro beginnend am 01.02.2004 unter Berücksichtigung von Beitragszeiten vom 01.10.1942 bis 30.06.1944.

Mit dem am 03.03.2006 erhobenen Widerspruch begehrte die Klägerin zunächst eine andere Anrechnung von Ausbildungszeiten als Anrechnungszeiten. Nach einem aufklärenden Schreiben der Beklagten machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 02.08.2006 dies nicht mehr geltend und bat nur noch um eine Überprüfung des Rentenbeginns im Hinblick auf eine bereits bezogene Rentenleistung aus der israelischen Rentenversicherung. Aus einem vom israelischen Versicherungsträger übersandten Versicherungsverlauf vom 04.12.2005 geht hervor, dass die Klägerin aufgrund eines am 20.02.1994 dort gestellten Antrags ab 01.05.1994 Anspruch auf israelische Altersrente hat.

Mit Schreiben vom 07.09.2006 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ein früherer Rentenbeginn nicht in Betracht komme, da der Antrag nach dem ZRBG verspätet im Februar 2004 gestellt worden sei und somit die Altersrente nur mit Beginn des Antragsmonats gewährt werden könne. Der in Israel gestellte Antrag vom 20.02.1994 auf eine israelische Altersrente sei nach Art. 27 Abs. 2 Satz 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit vom 17.12.1973 (DISVA) nicht gleichgestellt, wenn die Antragstellerin den deutschen Leistungsfall auf einen späteren Zeitpunkt verschieben wolle. Dazu vertrat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Auffassung, die von der Beklagten angeführte Regelung im Abkommen beziehe sich auf Fälle des § 1248 Abs. 6 der früheren Reichsversicherungsordnung (RVO) und treffe daher auf den vorliegenden Fall nicht zu. Nach übereinstimmender Praxis der deutschen Versicherungsanstalten würden israelische Rentenanträge insofern herangezogen, als die Rentenleistung gemäß den Verjährungsvorschriften vier Jahre vor dem deutschen Rentenantrag beginne.

Die Beklagte zog eine interne Stellungnahme vom 06.10.2006 aus einem anderen Verfahren zur Frage des Einflusses eines in Israel gestellten Rentenantrags auf den Beginn der ZRBG-Rente bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2007 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie i. W. aus, bei einer Verlegu...

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