Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Kodierung einer Koronarangiographie mit Stentversorgung bei bestehenden Angina pectoris-Beschwerden
Orientierungssatz
Erfolgt eine Krankenhausaufnahme zur Durchführung einer Koronarangiographie bei bestehenden Angina pectoris-Beschwerden und stellte sich bei der Untersuchung eine Ein-Gefäß-atherosklerotische Herzkrankheit heraus, die mittels eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents versorgt wurde, ist die Angina pectoris als Hauptdiagnose durch den Krankenhausträger zu verschlüsseln.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.05.2010 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streitwert wird auf 1.021,13 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die teilweise Rückzahlung von Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 1.021,13 Euro.
Die Beklagte betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur Behandlung der Versicherten der klagenden Krankenkasse zugelassenes Krankenhaus. Dort wurde in der Zeit vom 14. bis 17.11.2006 die 1941 geborene Versicherte der Klägerin I. N. stationär behandelt. Die Krankenhauseinweisung erfolgte durch den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. I, H, zwecks Durchführung einer Herzkatheteruntersuchung. Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 17.11.2006 beklagte die Versicherte eine seit Monaten bestehende Belastungsdyspnoe sowie ein belastungsabhängiges dumpfes sternales Druckgefühl mit Ausstrahlung in den Hals und sofortiger Besserung auf Nitrospray. Am 16.11.2006 erfolgte die Herzkatheteruntersuchung, wobei die festgestellte hochgradige CX-Stenose in gleicher Sitzung mittels konventionellem Stent dilatiert wurde. In dem Entlassungsbericht wurden folgende Diagnosen gestellt: Funktionelle Ein-Gefäß-KHK, Stent-PTCA der RCX, arterielle Hypertonie, Penicillinallergie.
Die Beklagte stellte der Klägerin am 30.11.2006 für die Behandlung insgesamt 4.312,59 Euro in Rechnung. Sie setzt dabei die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC - Komplikationen oder Komorbiditäten -) an. Als Hauptdiagnose (HD) wurde eine atherosklerotische Herzkrankheit: Ein-Gefäßerkrankung (ICD-10 I 25.11) und als Nebendiagnosen (ND) eine instabile Angina pectoris (ICD-10 I 20.0), eine benigne essentielle Hypertonie: ohne Angabe einer hypertensiven Krise (ICD-10 I 10.00), und eine Linksherzinsuffizienz: mit Beschwerden bei leichterer Belastung (ICD-10 I 50.13) kodiert. Außerdem wurden die Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -SGB V- (OPS-301) 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen: Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents: Ein Stent in eine Koronararterie) sowie 1-275.2 (transarterielle Linksherz-Katheteruntersuchung: Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) zugrunde gelegt.
Die Klägerin beglich die Rechnung im Hinblick auf die eingeleitete Überprüfung unter Vorbehalt und holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Westfalen ein, der unter dem 23.01.2007 ausführte, der streitige Behandlungsfall bilde sich über die DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) ab. Denn entsprechend der deutschen Kodierrichtlinien (DKR) sei hier die Angina pectoris als HD anzugeben und die atherosklerotische Herzkrankheit: Ein-Gefäßerkrankung sei lediglich eine ND. Dies folge aus den DKR unter 0901e, die wie folgt lauteten "Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben". Mit Schreiben vom 31.01.2007 wurde die Beklagte zur Rückzahlung des zu viel geleisteten Betrages aufgefordert.
Die Beklagte lehnte eine entsprechende Rückzahlung ab. Die Abrechnung sei korrekt erfolgt. Den DKR sei nicht zu entnehmen, dass die Angina pectoris stets als HD anzugeben sei. Die von der Klägerin angeführte Formulierung beziehe sich nicht auf die Auswahl der HD.
Die Klägerin holte eine erneute Stellungnahme des MDK ein, der unter dem 27.02.2007 darlegte, streitig sei im vorliegenden Fall, welche der beiden Diagnosen (Angina pectoris und atherosklerotische Herzerkrankung) als HD und welche als ND zu kodieren sei. Es sei unstrittig, dass in diesem Fall beide Diagnosen zu kodieren seien. In den DKR werde die HD in allen Fallbeispielen stets zuerst benannt und der ND somit stets vorangestellt. Aus dem Beispiel 1 der DKR 0901 e ergebe sich eindeutig, dass die Angina pectoris als HD zu kodieren sei.
Die Beklagte lehnte eine teilweise Rückzahlung wiederum ab und vertrat die Auffassung, das von der Klägerin angeführte Beispiel greife nicht ein, weil dort keine Behandlung der Herzerkrankung erfolgt sei. Im Falle der Versicherten I. N. sei zwar die Aufnahme wegen unklarer Angina pectoris-Beschwerden erfolgt, da jedoc...