Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechenbarkeit von Verletztenrente als Einkommen auf Leistungen des SGB 2
Orientierungssatz
1. Jede Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist in voller Höhe als Einkommen nach § 11 Abs 1 S. 1 SGB 2 zu berücksichtigen. Bei der Verletztenrente nach dem SGB 7 handelt es sich um keine Einnahme, die wegen ihres Charakters und ihrer Zweckbestimmung aus der Einkommensberechnung auszunehmen wäre. § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB 2 soll verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden.
2. Es ist nichtgerechtfertigt, die Verletztenrente entsprechend der früheren Regelung in § 2 Nr. 2 AlhiV 2002 so zu interpretieren, dass sie bis zur Höhe des Betrages, der in der KOV bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt wurde, nicht als Eikommen angerechnet wird. Sie ist auch keine Entschädigung i. S. des § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB 2.
3. Die Nichtaufnahme der Verletztenrente in die Ausnahmetatbestände des § 11 Abs 1 und Abs. 3 SGB 2 verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.
4. Die geltende Rechtsprechung zu § 11 SGB 2 entspricht der Vorgängerregelung zu § 3 Abs. 2 GSiG und §§ 76 bis 88 BSHG.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.01.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten sind Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsgesetz - GSiG -). Dabei ist insbesondere umstritten, ob und inwieweit eine dem Kläger gewährte Unfallrente als Einkommen anzurechnen ist oder nicht.
Der Kläger bezog in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.2004 von der Beklagten Leistungen nach dem GSiG. Mit Bescheid vom 05.07.2004 wurden dem Kläger Leistungen in Höhe von 421,11 EUR monatlich bewilligt. Dabei wurde als Einkommen des Klägers eine von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel (BfN) und Gaststätten gewährte Verletztenrente in Höhe von monatlich 272,86 EUR als Einkommen angerechnet. Der Grad der Behinderung betrug 30 %. Gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.07.2004 über die Bewilligung von Leistungen legte der Kläger am 27.07.2004 Widerspruch ein, mit der sinngemäßen Begründung, die Verletztenrente dürfte nicht als Einkommen angerechnet werden, weil sie - jedenfalls teilweise - eine Schadensersatzfunktion hinsichtlich erlittener Körper- und Gesundheitsschäden habe.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Bescheid vom 03.01.2005 mit der Begründung zurück, bei der Verletztenrente handele es sich um im Rahmen der Gewährung von Grundsicherungsleistungen einzusetzendes Einkommen. Gesetzliche Ausnahmevorschriften, wonach bestimmtes Einkommen nicht anzurechnen sei, bezögen sich nicht auf die Verletztenrente aus der Unfallversicherung.
Am 10.01.2005 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, er erhalte eine Unfallrente, weil ihm Schaden an Körper und Gesundheit entstanden sei. Die Rente solle die Mehrausgaben, die auf einen Behinderten zukommen, ausgleichen. Außerdem gelange im Rahmen seiner Verletztenrente eine mögliche Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz zur Anrechnung, so dass jedenfalls dieser Teil der Rente nach den gesetzlichen Vorschriften nicht anzurechnen sei.
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 05.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2005 weitere Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz in Höhe von monatlich 272,86 EUR im Zeitraum Juli bis Dezember 2004 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten.
Mit Urteil vom 15.01.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich folgendes ausgeführt:
"Der Bescheid der Beklagten vom 05.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2005 ist rechtmäßig und der Kläger hierdurch deshalb nicht beschwert. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen nach dem GSiG in Höhe von monatlich 272,86 EUR im Zeitraum Juli bis Dezember 2004.
Der Kläger war im Zeitraum Juli bis Dezember 2004 dem Grunde nach leistungsberechtigt nach §§ 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 1 GSiG. Nach § 1 Nr. 1 GSiG können Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 65. Lebensjahr vollendet haben (Antragsberechtigte), zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter auf Antrag Leistungen nach diesem Gesetz erhalten. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GSiG haben Anspruch auf Leistungen der beitragsunabhängigen, bedarfsorientierten Grundsicherung Antragsberechtigte, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen können. Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers gegeben.
Der Höhe nach sind die dem Kläger im genann...