Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der Höhe einer Folgerente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Besitzschutz. Konkurrenz- bzw Rangverhältnis der Regelungen in § 88 Abs 2 SGB 6 und im SozSichAbk POL
Orientierungssatz
Das SozSichAbk POL enthält keine mit dem Besitzschutz nach § 88 Abs 2 SGB 6 konkurrierende und diesen verdrängende Regelung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.02.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Witwenrente der Klägerin.
Die 1944 geborene Klägerin war seit 1970 mit dem 1943 geborenen Bergbauingenieur N - im Folgenden: Versicherter - verheiratet. Sie bezieht eine Regelaltersrente von der DRV Bund.
Der Versicherte zog im Juni 1990 von Polen nach Deutschland und wurde hier als Spätaussiedler anerkannt. Nachdem die ältere der beiden Töchter in Polen das Abitur abgelegt hatte, folgte ihm die Klägerin 1992 nach Deutschland.
Auf seinen Antrag gewährte die Beklagte dem Versicherten ab August 2008 Regelaltersrente unter Anwendung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 09.10.1975 (DPSVA 1975) und unter Zugrundelegung von 9,8869 Entgeltpunkten (EP) für die allgemeinen und 28,8858 EP für die knappschaftlichen Versicherungszeiten (Bescheid/Mitteilung über die vorläufige Leistung vom 25.06.2008, Bescheid vom 15.05.2009).
Am 00.12.2013 verstarb der Versicherte.
Auf ihren Antrag bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 07.02.2014 große Witwenrente ab dem 01.01.2014. Da die Klägerin 1992 in das Bundesgebiet zugezogen sei, sei die Hinterbliebenenrente unter Zugrundelegung von 7,0965 EP für die allgemeine und 17,3734 EP für die knappschaftliche Rentenversicherung festzustellen. Denn bei der Berechnung der großen Witwenrente seien lediglich die persönlichen Entgeltpunkte (pEP) der Versichertenrente als besitzgeschützt anzusehen, die sich ohne Anwendung des DPSVA 1975 auf die Versichertenrente ergeben hätten. Aus der Anwendung des - über die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 weitergeltenden - Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 08.12.1990 (DPSVA 1990) folge die Anrechnung der Versicherungszeiten in Polen ausschließlich nach dem Fremdrentengesetz (FRG) und damit die fiktive Berücksichtigung der sich hieraus ergebenden pEP nach § 88 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) als besitzgeschützt bei Berechnung der großen Witwenrente. Für das Sterbevierteljahr sei zudem ein Betrag von 1.288,89 Euro zu erstatten. Mit Schreiben gleichen Datums wies die Beklagte auf das Ruhen des Anspruches hin, soweit die Beklagte auch für in Polen zurückgelegte Zeiten Rente erhalten sollte.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 06.03.2014 Widerspruch ein.
Nachdem bekannt geworden war, dass der polnische Versicherungsträger (ZUS) der Klägerin seit dem 12.12.2013 eine (Familien-)Rente gewährte, teilte die Beklagte im Bescheid vom 08.09.2014 deren Anrechnung ab dem 01.01.2014 mit. Für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.05.2014 habe sie einen Erstattungsantrag beim polnischen Träger gestellt. Die vom 01.06.2014 bis zum 31.08.2014 entstandene Überzahlung von 780,10 Euro müsse die Klägerin zurückzahlen. Der Bescheid werde Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens.
Nach weiteren Ermittlungen bei der ZUS und Anhörung der Klägerin nahm die Beklagte durch Bescheid vom 24.04.2015 den Bescheid vom 07.02.2014 hinsichtlich der Rentenhöhe ab dem 01.01.2014 teilweise zurück und verpflichtete die Klägerin zur Rückzahlung des aufgrund der gemäß § 31 Abs. 1 FRG erfolgten Anrechnung der aus Polen bezogenen Rente berechneten Betrages (1.353,22 Euro). Am 05.05.2015 legte die Klägerin auch hiergegen vorsorglich Widerspruch ein. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2016 zurück.
Die Klägerin hat am 26.02.2016 Klage zum Sozialgericht Duisburg (SG) erhoben.
Sie hat unter Hinweis auf das Urteil des Senates vom 28.01.2014 - L 18 KN 57/13 - die Auffassung vertreten, ihre Witwenrente sei unter Berücksichtigung der für die Berechnung der Altersrente des Versicherten unter Anwendung des DPSVA 1975 ermittelten pEP zu gewähren. Auf den Zeitpunkt ihres Zuzuges komme es nicht an, da sie keine Rente aus eigenen Beitragszeiten begehre. Die Witwenrente sei ein von ihrem Ehemann abgeleiteter Anspruch. Der dem Ehemann zukommende Bestandsschutz bleibe auch nach dessen Tod bestehen. Es gebe keine Regelung, wonach er für Hinterbliebene entfalle.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 21.02.2020 das Verfahren insoweit abgetrennt, als sich die Klage gegen den Bescheid vom 24.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2016 richtet (Az. S 14 R 410/20). Die Beklagte hat auf die Rüc...