Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer rechtswirksamen Beitragserstattung

 

Orientierungssatz

1. Sind dem Versicherten auf dessen Antrag geleistete Rentenversicherungsbeiträge wirksam erstattet worden, so ist das zuvor bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nach § 210 Abs. 6 SGB 6 nicht mehr.

2. Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich ein Erstattungsantrag, ein wirksamer Erstattungsbescheid und eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung vorliegen.

3. Ein durch bewilligenden Bescheid abgeschlossenes Verwaltungsverfahren zur Beitragserstattung lässt typischerweise den Schluss zu, dass der Bescheid zugegangen und die geschuldete Leistung bewirkt worden ist.

4. Zur Widerlegung dieses Beweises des ersten Anscheins obliegt ausschließlich dem Versicherten die Beweislast.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 9.8.2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist Regelaltersrente.

Der 1942 in Marokko geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger und lebt in Marokko. In der Zeit von 1964 bis 1973 war er unter seinem damaligen Namen I B N in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, zunächst vom 25.11.1964 bis zum 15.1.1967 im deutschen Steinkohlenbergbau, danach in verschiedenen - meist kurzzeitigen - Beschäftigungen als (Hilfs-)Arbeiter bei den Arbeitgebern F, L, C, O & Sohn, T, X, N & Co., L, bei der Stückfärberei T & M GmbH in I und - mehrfach - bei der I G Produktion GmbH und Co. KG. Versicherungspflichtige Beschäftigungen sind bis einschließlich 19.9.1973 belegt. 1975 kehrte der Kläger nach Marokko zurück.

Mit am 12.6.1989 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 1.6.1989 teilte der Kläger (unter seinem jetzigen Namen) mit, er habe niemals "Erstattungsgeld aus der deutschen Rentenversicherung der Arbeiter genommen". Er habe am 4.6.1975 viele Arbeitspapiere "an der Männerkassen für das G.J.R. Finanz vergeben", um Erstattung geltend zu machen. Er habe aber nie Geld erhalten. Er habe auch keinen Erstattungsbescheid erhalten. Da er niemals Geld bekommen habe, müssten die Arbeitsunterlagen noch "bei der Finanzmänner" liegen. Dem Schreiben beigefügt war die Durchschrift eines Schreibens des Klägers vom 2.6.1989 an die H & S Finanz in C, in dem der Kläger diese darauf hinwies, dass damals eine Beitragserstattung abgemacht worden sei, er aber bis heute noch kein Geld erhalten habe. Er wolle wissen, ob sein gesamtes Geld in Höhe von 16.000 DM noch "dort stehe". Er habe sämtliche Arbeitsunterlagen nach dort gegeben, damit man mit der deutschen Rentenversicherung zusammen die Erstattung nach Marokko veranlasse. Ihm sei erklärt worden, er solle erst einmal nach Marokko zurückkehren.

Die Beklagte leitete diese Unterlagen zunächst der (damaligen) Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinprovinz zu, die sie an die damals für den Kläger als Verbindungsstelle zuständige LVA Schwaben (jetzt: Deutsche Rentenversicherung (DRV) Schwaben; fortan einheitlich: DRV Schwaben) weitergab. Diese behandelte das Schreiben als Antrag auf Beitragserstattung und übersandte dem Kläger dazu Formanträge mit der Bitte um Ausfüllung und Rücksendung. Nachdem der Kläger diese Unterlagen trotz mehrfacher Erinnerung nicht zurückgesandt hatte, lehnte sie den Antrag auf Beitragserstattung ab, weil der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkomme (Bescheid vom 25.1.1990).

Nach Erhalt dieses Bescheides behauptete der Kläger mit am 20.3.1990 eingegangenem Schreiben vom 9.3.1990, er habe frühere Schreiben der DRV Schwaben nicht erhalten und erwarte deshalb jetzt einen neuen Brief. Dem Schreiben beigefügt war die Ablichtung eines an ihn gerichteten Schreibens der H & S Finanz C, E, G, mit dem unter dem 4.6.1975 bestätigt wird, dass man von ihm eine Aufrechnungsbescheinigung der Bundesknappschaft, die Versicherungskarten Nrn. 1 bis 3 und mehrere Entgeltbescheinigungen (Zeitraum bis 19.9.1973) erhalten habe. Die Beklagte übersandte der DRV Schwaben in Ablichtung eine Stammkarte für Ausländer (Arbeiter), auf der die Beschäftigung des Klägers vom 25.11.1964 bis 15.1.1967 bescheinigt und außerdem vermerkt war, dass der Kläger vom 16.1. bis 26.7.1967 arbeitsunfähig krank war.

Mit am 2.8.1990 eingegangenem Schreiben vom 25.7.1990 wandte sich der Kläger erneut an die DRV Schwaben und übersandte unter anderem einen ausgefüllten Formantrag auf Beitragserstattung mit der Bitte, ihm die Beiträge zu erstatten. Er habe am 4.6.1975 alle Arbeitsunterlagen an die Firma H & S Finanz in C gegeben, damit diese ihm die Beiträge nach Marokko erstatte. Seither habe er von dort nichts gehört.

Die DRV Schwaben erstattete dem Kläger "auf den Antrag vom 20.3.1990" die Hälfte der vom 25.11.1964 bis einschließlich 19.9.1973 entrichteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe ...

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