Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Verwertungspflicht von Vermögen bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung. angemessene Größe einer Eigentumswohnung
Orientierungssatz
1. Bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung ist nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB 2 eine selbstgenutzte Eigentumswohnung von angemessener Größe nicht zu berücksichtigen.
2. Die angemessene Größe einer Eigentumswohnung ist von einem Grenzwert von 120 qm bei einer Bewohnerzahl von weniger als vier Personen grundsätzlich um 20 qm pro Person bis zu einer Mindestgröße von 80 qm zu mindern. Bei einer Überschreitung der angemessenen Wohnfläche um nicht mehr als 10 % ist noch von einer angemessenen Wohnfläche auszugehen.
3. Die Ausübung eines Gewerbes oder eines Berufs in einer selbstgenutzten Wohnung kann ein besonderer Grund zur Berücksichtigung einer größeren Wohnfläche sein.
4. Nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB 2 ist vorhandenes Vermögen nicht zu berücksichtigen, wenn dessen Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist bzw. wenn die Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
5. Im Rahmen des § 12 SGB 2 ist eine Gesamtbetrachtung aller Vermögenswerte anzustellen. Hierzu ist das verwertbare zu berücksichtigende Vermögen des Hilfebedürftigen insgesamt den Absetzbeträgen gemäß § 12 Abs. 2 SGB 2 gegenüberzustellen (BSG Urteil vom 13. 5. 2009, B 4 AS 58/08 R).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.04.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) als Zuschuss für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.03.2008.
Die 1957 geborene Klägerin und ihr 1987 geborener Sohn bewohnten im o.g. Zeitraum eine nach Angaben der Klägerin (im Zusatzblatt 3 des Antrages vom 01.06.2015) 110 qm große Eigentumswohnung (ETW) mit fünf Zimmern. Die Klägerin hatte diese Wohnung durch notariellen Kaufvertrag vom 17.12.1998 gekauft. Im Grundbuch W (Bl. 1860, Amtsgericht L, Ausdruck vom 07.01.2008;) war sie als alleinige Eigentümerin eingetragen (Eintragung vom 29.04.1999). Nachdem der Klägerin und ihrem Sohn bis 30.11.2007 SGB II-Leistungen als Zuschuss gewährt worden waren, lehnte der Beklagte den Fortzahlungsantrag für die Zeit ab 01.12.2007 durch Bescheid vom 03.01.2008 ab, weil die ETW verwertbares Vermögen sei. Der Wert der ETW betrage 124.800 EUR, abzüglich Belastungen i.H.v. 100.407,09 EUR sei ein verwertbares Vermögen von 24.392,91 EUR vorhanden. Dass von der Klägerin ein Raum als Behandlungsraum und einer als Arbeitszimmer für ihre selbstständige Tätigkeit als Fengshui-Beraterin genutzt werde, könne keine Berücksichtigung finden. Er wies zugleich auf die Möglichkeit einer darlehensweisen Leistungsgewährung hin. Den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2008 aus den vorgenannten Gründen zurück.
Eine darlehensweise Leistungsgewährung lehnte die Klägerin zunächst ab, beantragte sie jedoch im April 2008, vorläufig im Hinblick auf das noch offene Verwaltungsverfahren. Diesem Antrag entsprach der Beklagte mit Bescheid vom 25.04.2008 für die Zeit ab 01.04.2008.
Die gegen den Bescheid vom 03.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2008 gerichtete Klage der Klägerin hat das Sozialgericht (SG) durch Urteil vom 14.04.2011 abgewiesen. Das SG ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte zu Recht keine Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss in der streitigen Zeit gewährt hat. Die Klägerin sei nicht hilfebedürftig gewesen, da sie über verwertbares, die Vermögensfreibeträge überschreitendes Vermögen in Form einer 110 qm großen ETW verfügt habe.
Gegen das am 16.05.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.06.2011 Berufung eingelegt. Die Berufung der Klägerin hat der Senat mit Urteil vom 30.01.2013 zurückgewiesen und unter Bezugnahme auf das Urteil des SG ergänzend ausgeführt, dass die ETW einen Verkehrswert von 124.800 EUR aufweise und nicht nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 oder Nr. 6 SGB II geschützt sei, weil die angemessene Wohnfläche einer ETW bei zwei Personen nur bis zu 80 qm betrage. Ob ein Teil der ETW beruflich genutzt werde, könne dahingestellt bleiben, weil angesichts der sporadischen Einnahmen der Klägerin in den Monaten Juli, August und Oktober 2007 zweifelhaft sei, ob tatsächlich eine dauerhafte gewerbliche Nutzung vorliege. Auch die Größe von zwei Arbeitszimmern mit insgesamt 19,3 qm für die Tätigkeit als Fengshui-Beraterin könne nicht nachvollzogen werden. Selbst wenn der von der Klägerin allein genutzte Raum von 14,5 qm berücksichtigt werde, liege die Wohnfläche mit 94,5 qm oberhalb der Angemessenheitsgrenze. Abzüglich der Belastungen bleibe ein verwertbares Vermögen von 24.390,91 EUR übrig,...