nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Dortmund (Entscheidung vom 28.11.2002; Aktenzeichen S 8 KR 347/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund vom 28.11.2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird: Der Bescheid vom 24.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2000 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, dem Kläger ab dem 01.11.2000 häusliche Krankenpflege im Umfang von 9,5 Stunden täglich zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Umfang der Gewährung häuslicher Krankenpflege.
Der 1982 geborene Kläger, der als zweiter Zwilling geboren wurde, erlitt am 3. Tag nach seiner Geburt einen Herz-/Atemstillstand, er ist seither schwerstbehindert. Es besteht eine ausgeprägte frühkindliche Hirnschädigung mit Tetraspastik, Gelenkkontrakturen, Bewegungs-, Schluck- und Sprachunfähigkeit. Ferner liegt ein therapieresistentes multifokales Anfallsleiden vor mit wechselnder Anfallshäufigkeit. Diese Anfälle begrenzen sich zum Teil, zum Teil bedürfen sie medikamentöser Intervention. Wegen der gestörten Schluckmotorik war der Kläger anfangs mit einer Magensonde, seit Mai 2000 ist er mit einer PEG versorgt. Verstärkt treten Infekte der oberen Luftwege auf, bei Bronchitiden kommt es zu starken Verschleimungen, die in Verbindung mit eingeschränkter Schluckmotorik zu bedrohlichen Hustenanfällen führen können. Der Kläger lebt zusammen mit seiner Mutter, einer examinierten Krankenschwester, in einem Haushalt. Er erhält Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III als Sachleistung, wobei nach dem zuletzt erstatteten Pflegegutachten vom 13.09.2000 der Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege 245 Minuten betrug.
Neben der Grundpflege wurde für den Kläger durch den damals behandelnden Kinderarzt N2 Behandlungspflege in erheblichem Umfang verordnet. Auf die weitere Verordnung vom 02.10.1998 (4 x wöchentlich Einläufe, 5 x täglich/7 x wöchentlich Dekubitusbehandlung) holte die Beklagte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. In seinem Gutachten vom 05.11.1998 kam Dr. C zu dem Ergebnis, ein Teil der verordneten Maßnahmen, u. a. die Dekubitusprophylaxe, sei dem Bereich der Grundpflege zuzuordnen. Als behandlungspflegerische Maßnahmen blieben nur einmal wöchentlich Wechseln der Magensonde, Legen und Pflege des nasalen Tubus zur Freihaltung der Atemwege sowie die Pflege der Nasenschleimhaut im Umfang von 3 x täglich/7 x wöchentlich. Mit Bescheid vom 18.11.1998 bewilligte die Beklagte daraufhin Behandlungspflege nur in dem angegebenen Umfang. Im Widerspruchsverfahren übersandte die Mutter des Klägers eine Bescheinigung des Leitenden Arztes der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie des Gemeinschaftskrankenhauses I Dr. N vom 17.06.1999. Dieser schilderte die in Folge der genannten Erkrankungen und Behinderungen anfallenden Maßnahmen und meinte, wegen der Anfälle sei eine ständige Beaufsichtigung durch eine ausreichend geschulte Person erforderlich.
Während des Widerspruchsverfahrens beantragte der Kläger am 10.09.1999 beim Sozialgericht (SG) Dortmund den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Beklagte zur Gewährung von 16 Stunden häuslicher Krankenpflege täglich abzüglich der Leistungen der Grundpflege zur verpflichten (S 8 KR 250/99 ER). In diesem Verfahren holte das SG Auskünfte des Kinderarztes N2 und von Dr. N ein. In seinem Bericht vom 13.01.2000 (Bl. 63 der vorgenannten Streitakte) schilderte N2 die regelmäßig anfallenden pflegerischen Maßnahmen und führte weiter aus, aufgrund der Schwere der Gesamterkrankung halte er die ständige Überwachung durch eine Pflegekraft für erforderlich, um über die genannten Maßnahmen hinaus bei entsprechendem Anlass sofort eingreifen zu können. Akutsituationen seien insbesondere Verschlechterungen der Atmungsfunktion durch Verschleimung und Krampfanfälle, die phasenweise rezidivierend mehrfach in einer Stunde auftreten könnten und damit die Gefahr eines Krampfstatus entstehen ließen. Bei den Krampfanfällen könne es sich um eine große Anzahl mit akuter Atemnot handeln, aber auch um rezidivierend multifokal ausgelöste Streckkrämpfe einzelner Extremitäten als auch der Atmungsmuskulatur und Schluckmuskulatur. Sowohl durch Verschleimung der Atemwege könne es zu akut bedrohlichen Erstickungsanfällen kommen als auch durch die cerebralen Krampfanfälle. Diese Zustände entstünden gehäuft an einzelnen Tagen im Zusammenhang mit Infekten der Luftwege, aber auch unmittelbar aus dem allgemeinen Alltag heraus, sie seien prinzipiell nicht vorhersehbar. Auch Dr. N beschrieb in seinem Bericht vom 17.01.2000 (Bl. 66 der vorgenannten Streitakten) die regelmäßig anfallenden Pflegemaßnahmen und führte zu dem Anfallsleiden aus, es würden sow...