Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an eine rechtswirksame Bevollmächtigung im Widerspruchsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Nach § 13 Abs. 1 S. 3 SGB 10 hat der Bevollmächtigte auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Wird die Vollmacht nicht innerhalb einer dafür gesetzten Frist beigebracht, so sind die bisherigen Verfahrenshandlungen unwirksam.

2. Die Behörde kann einen vollmachtlosen Vertreter einstweilen zulassen. Das Gebot der Klarheit erfordert eine eindeutige Aussage, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, wie lange die Zulassung gelten soll und dass sie bei Nichtvorlage beabsichtigt, einen erhobenen Widerspruch als unzulässig zu verwerfen.

3. Hat die Behörde gegenüber dem Betroffenen bzw. dessen Bevollmächtigten den Rechtsschein gesetzt, dass sie von einer wirksamen Vollmacht ausgeht, so darf der Betroffene davon ausgehen, dass die Behörde den ohne vorgelegte Vollmacht erhobenen Widerspruch als zulässig ansieht.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21.01.2013 geändert und der Widerspruchsbescheid vom 27.01.2009 aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte einen Widerspruch gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zu Recht als unzulässig verworfen hat, da der Bevollmächtigte seine Bevollmächtigung zur Einlegung des Widerspruchs nicht vorgelegt hat.

Mit Bescheid vom 24.07.2007 wurden dem Kläger und den übrigen Mitgliedern der BG Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Im Juli 2008 erhielt der Beklagte Kenntnis von der Jahresabrechnung der Stadtwerke C vom 10.12.2007, die einen Guthabenbetrag von 172,07 Euro auswies. Mit Schreiben vom 21.07.2008 hörte der Beklagten den Kläger zu einer Überzahlung im Zeitraum Dezember 2007 an. Ebenfalls am 21.07.2008 erfolgte eine Bewilligung für den Zeitraum 01.08.2008 bis 31.01.2009.

Mit Schreiben vom 05.08.2008 des C Sozialverbandes nahm dieser zu der Anhörung Stellung und legte Widerspruch gegen die Bewilligung vom 21.07.2008 Widerspruch ein. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass bekannt sei, dass der Sozialverband die leistungsrechtlichen Interessen der Kläger wahrnehme und entsprechende Vollmachten sich bereits in den Akten befänden.

Mit Schreiben vom 11.08.2008 erläuterte der Beklagte gegenüber dem Sozialverband die entstandene Überzahlung unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 05.08.2008. Hinsichtlich des Widerspruchs setzte der Beklagte eine Begründungsfrist bis 28.08.2008. Am 11.08.2008 erging gegenüber den Eheleuten X zudem der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für Januar 2008 in Höhe von 172,07 Euro aufgeteilt nach den Mitgliedern der BG.

Gegen diesen Bescheid legte der Sozialverband am 26.08.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde auf das Schreiben vom 05.08.2008 verwiesen. Eine Vollmacht lag dem Schreiben nicht bei.

Hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.07.2008 forderte der Beklagte mit Schreiben vom 15.12.2008 die Vorlage einer Vollmacht von dem Sozialverband bis 29.12.2008 an. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2009 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig, da eine Vollmacht nicht vorgelegt wurde. Mit Schreiben vom selben Tage forderte der Beklagte auch hinsichtlich des Widerspruchs vom 26.08.2008 eine Vollmacht von dem Sozialverband an. Auch dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2009 als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat am 10.02.2009 vor dem Sozialgericht Dortmund gegen den Bescheid vom 11.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009 erhoben. Der Kläger trug unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Sachsen L 3 KG 3/99 vom 08.11.2000 vor, dass der Beklagte hinsichtlich der Vollmachtanforderung kein Ermessen ausgeübt habe.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.01.2013 abgewiesen. Der Beklagte habe den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen, da Herr I im Widerspruchsverfahren keine schriftliche Vollmacht vorgelegt habe, obwohl der Beklagte ihn unter Fristsetzung hierzu aufgefordert habe. Das Sozialgericht hat sich auf eine Urteil des LSG Schleswig Holstein - L 4 KA 3/07 - bezogen. Der erforderliche Hinweis, dass bei Nichtvorlage der Vollmacht, der Widerspruch als unzulässig verworfen werde, sei entbehrlich, da die Rechtsfolgen aus der Nichtvorlage der Vollmacht Herrn I aus dem Widerspruchsbescheid vom 08.01.2009 bekannt waren. Es sei nicht erforderlich in dem Schreiben Ermessenserwägungen darzustellen, da es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um ein Aufforderungsschreiben gehandelt habe. Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Die Kläger haben gegen das am 04.02.2013 zugestellte Urteil am 20.02.2013 Berufung eingelegt. Der Beklagte habe bei der Anforderung der Vollmacht keinerlei Ermessenserwägungen angestellt. Die zivilrechtlichen Re...

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