Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für Anrechnung von Kindererziehungszeiten zur Erfüllung der für den Bezug von Altersrente erforderlichen Wartezeit - Ausschluss der Anrechnung aufgrund Beamtenrechts
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch auf Altersrente nach § 35 SGB 6 setzt u. a. die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Monaten mit Beitragszeiten nach § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 voraus. U. a. sind Kindererziehungszeiten nach § 56 SGB 6 als Beitragszeiten anzurechnen.
2. Seit dem 01.07.2014 sind Beamte von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach dem SGB 6 ausgeschlossen. Die Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften gilt als annähernd gleichwertig gegenüber der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nach dem SGB 6.
3. Kann der Versicherte keine Beitragszeiten beanspruchen, so steht ihm auch kein Nachzahlungsrecht gemäß §§ 209, 282 Abs. 1, 2 SGB 6 zu.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.04.2018 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Altersrente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten.
Die Klägerin ist am 00.00.1947 geboren. Sie war seit Dezember 1972 Beamtin (zunächst auf Widerruf) und hat 1974 ihr 2. Staatsexamen/Lehramt abgelegt. Sie war zuletzt als (beim Land Nordrhein-Westfalen verbeamtete) Oberstudienrätin tätig und vollendete am 00.11.2012 das 65. Lebensjahr. Sie ist leibliche Mutter von K D (geboren am 00.07.1981) und den Zwillingen A D und M D (jeweils geboren am 00.11.1983). Am 13.04.2017 und 17.07.2017 teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (LBV) mit, dass die Erziehungszeiten bis zum sechsten Lebensmonat der Kinder wie Vollbeschäftigung im Beamtenverhältnis berücksichtigt würden. Ausweislich der Zusammenstellung der Dienstzeiten arbeitete die Klägerin vom 05.08.1985 an bis zum 12.08.2000 in Teilzeit.
Formlos beantragte die Klägerin am 20.06.2014 bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund die "Anerkennung der Kindererziehungszeiten für meine drei Kinder und beantrage gleichzeitig eine Kindererziehungszeitenrente. Ich beantrage diese Rente nach geltendem Recht und bitte deshalb, die Nachzahlung für zwei Jahre [...] festzusetzen". Die Beklagte teilte der Klägerin telefonisch mit, dass für Beamte die Anerkennung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sei (Aktenvermerk vom 09.07.2014). Ausweislich dieses Aktenvermerks verzichtete die Klägerin daraufhin "auf eine weitere Antragstellung". Am 20.07.2014 teilte die Klägerin mit, falsch verstanden worden zu sein und den Antrag nicht zurückzunehmen zu wollen. Die Klägerin stellte daraufhin am 25.07.2014 einen formellen Rentenantrag auf Regelaltersrente unter Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung. In diesem Antrag gab die Klägerin an, alle Kinder seit Geburt bis zu deren vollendetem zehnten Lebensjahr erzogen zu haben.
Mit Bescheid vom 25.08.2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Regelaltersrente ab, weil die Mindestversicherungszeit nicht erfüllt sei. Mit weiterem Bescheid vom 28.08.2014 lehnte die Beklagte auch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Kinderberücksichtigungszeiten ab.
Die Klägerin legte Widerspruch ein. Die Beklagte gehe von der unrichtigen Feststellung aus, dass die Kindererziehungszeiten in einem anderen Versorgungswerk gleichwertig anerkannt würden. Dies sei nicht der Fall. Sie habe mit der Antragstellung am 20.06.2014 einen Antrag nach dem bis zum 30.06.2014 geltenden Recht gestellt und habe auch eine Nachzahlung von Beiträgen angeboten. Mit weiterem Schreiben verwies die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und darauf, dass die Kinder vor dem 01.01.1992 geboren worden seien und in diesen Fällen als Kindererziehungszeit nur ein halbes Jahr pro Kind auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit angerechnet werde. Damit liege keine nur annähernd gleichwertige Berücksichtigung der Kindererziehung vor. Ihr stehe als Beamtin das Nachzahlungsrecht gemäß § 282 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide zurück. Nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der Fassung vom 22.07.2009 bis 30.06.2014 seien Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erworben hätten, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt würden wie die Kindererziehung in der Rentenversicherung. Dies führe bei der Prüfung der beamtenrechtlichen Vorschriften bei der Feststellung von Erziehungszeiten bei Geburten vor dem 01.01.1992 zu dem Ergebnis, dass eine dem anderen System immanente Anrechnung von Erziehungszeiten zwar grundsätzlich erfolge, allerdings von weniger al...