Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrwirkung der Nahtlosigkeitsregelung. Beurteilung der objektiven Verfügbarkeit. Feststellung der Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Die Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB III begründet gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine Sperrwirkung; sie verbietet der Arbeitsverwaltung, die objektive Verfügbarkeit von Arbeitslosen wegen nicht nur vorübergehenden Einschränkungen der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit zu verneinen, bevor der zuständige Rentenversicherungsträger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit festgestellt hat (vgl. BSG, Urteil vom 9. September1999 - B 11 AL 13/99 R).

2. Mit der Nahtlosigkeitsregelung soll kein ununterbrochener Leistungsbezug gewährleistet werden, vielmehr darf die Arbeitsverwaltung lediglich bis zur Feststellung der Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger eine dem Arbeitslosen nachteilige Entscheidung über seine Leistungsfähigkeit nicht treffen (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 1995 - 11 RAr 19/95).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10.02.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 17.06.2005 und begehrt dessen Weiterzahlung bis zum 30.09.2005.

Sie arbeitete zuletzt im Januar 2004 als Agenturleiterin in einer Versicherungsgesellschaft. Vom 19.01.2004 bis zum 20.05.2005 bezog die Klägerin Krankengeld. Am 09.03.2005 meldete sie sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Ferner beantragte die Klägerin am 10.03.2005 Rente wegen Erwerbsminderung, was sie der Beklagten am 04.04.2005 mitteilte. Die Beklagte gewährte ihr mit Bescheid vom 06.05.2005 Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 600 Kalendertagen.

Mit Bescheid vom 14.06.2005 hob sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 17.06.2005 auf. Der Beklagten war am 13.06.2005 mitgeteilt worden, dass der Klägerin mit Bescheid vom 06.05.2005 zeitlich befristet bis zum 31.03.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt worden war. Dem lag ein vom Rentenversicherungsträger eingeholtes Gutachten zugrunde, das bis Dezember 2006 aufgehobenes Leistungsvermögen bejahte. Der Rentenversicherungsträger war bei Erlass des Bewilligungsbescheides davon ausgegangen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente am 10.03.2005 vorgelegen hätten. Aufgrund der zeitlichen Befristung der Rente begann die Auszahlung erst zum 01.10.2005. Bis dahin erhielt die Klägerin von keinem Versicherungsträger Leistungen.

Die Beklagte hatte die Leistungsfähigkeit der Klägerin am 24.05.2005 durch die Ärztin Dr. F begutachten lassen. Danach war ihre Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden täglich für eine Zeit von über sechs Monaten eingeschränkt.

Mit Widerspruch vom 04.07.2005 machte die Klägerin geltend, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht bereits ab Zuerkennung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ruhe, sondern erst mit Beginn der Rentenzahlung, d.h. ab dem 01.10.2005.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2005 zurück. Die Klägerin sei mangels Arbeitsfähigkeit nicht mehr arbeitslos. Sie habe auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß der Nahtlosigkeitregelung. Leistungen könnten hiernach nur gezahlt werden, solange der Rentenversicherungsträger noch keine Entscheidung über das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit getroffen habe. Eine entsprechende Entscheidung habe der Rentenversicherungsträger hier jedoch mit Bescheid vom 06.06.2005 getroffen. Ab diesem Zeitpunkt, zu dem der Rentenversicherungsträger die Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt habe, sei sie, die Beklagte, frei in der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin gewesen. Sie habe die Leistungsfähigkeit entsprechend der Einschätzung des Rentenversicherungsträgers und der eingeholten ärztlichen Stellungnahme verneint. Da sich durch die Feststellung des Rentenversicherungsträgers am 06.06.2005 somit die rechtlichen Verhältnisse, die bei Bewilligung des Arbeitslosengeldes am 06.05.2005 noch vorgelegen hätten, geändert hätten, sei der Bescheid von Mai 2005 mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben gewesen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage vom 22.07.2005 hat die Klägerin weiter Arbeitslosengeld bis zum 30.09.2005, d. h. bis zum Tag vor Beginn der tatsächlichen Zahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt. Im Widerspruchsbescheid sei die Beklagte nicht auf ihre Argumentation eingegangen. Gemäß § 142 Abs. 2 Ziffer 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld nämlich erst mit Beginn der Zahlung der Erwerbsminderungsrente.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sie die Entscheidung zur Aufhebung des Arbeitslosengeldes nicht auf § 142 SGB III, sondern auf die fehlende Verfügbarkeit der Klägerin gestützt habe.

Mit Urteil vom 10.02.2006 hat das Sozial...

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