Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sperrzeit. Arbeitsaufgabe. wichtiger Grund. Zuzug zum Verlobten. Erziehungsgemeinschaft für ein nicht gemeinsames Kind. Schulwechsel zum Schuljahresbeginn. Beschäftigungssuche
Orientierungssatz
1. Der Zuzug zum nichtehelichen Lebenspartner kann auch dann einen wichtigen Grund iS von § 144 Abs 1 SGB 3 darstellen, wenn die Lebenspartner verlobt sind, ein konkreter Hochzeitstermin jedoch noch nicht absehbar ist, bisher keine gemeinsame Wohnung bestand, die Erziehungsgemeinschaft für ein nicht gemeinsames Kind begründet bzw verfestigt werden sollte und die Arbeitsaufgabe zu dem Zeitpunkt erfolgte, zu dem dem in der Pubertät befindlichen, schulpflichtigen Kind der Schulwechsel zum Schuljahresbeginn ermöglicht werden konnte.
2. Zur Frage welche Anforderungen gem § 144 SGB 3 an die Bemühungen, einen Anschlussarbeitsplatz zu finden, zu stellen sind.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.09.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer Sperrzeit.
Die 1960 geborene Klägerin, die Mutter einer am 00.00.1990 geborenen Tochter ist, war vor der hier maßgeblichen Arbeitslosmeldung bei der L GmbH O in I beschäftigt, wo sie auch wohnte. Am 15.03.2004 kündigte sie das Beschäftigungsverhältnis zum 31.08.2004 und meldete sich am 27.08.2004 arbeitslos. Als Kündigungsgrund gab sie ihren geplanten Umzug nach H an, wo ihre Tochter zum neuen Schuljahr die Schule besuchen sollte.
Mit Bescheid vom 05.10.2004 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für das gesetzliche Normalmaß von 12 Wochen fest sowie eine Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) um 90 Tage, weil die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund gekündigt habe.
Die seit dem 29.09.2004 wieder beschäftigte Klägerin legte am 04.11.2004 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass sie nach H zu ihrem Verlobten, Herrn C F (F), gezogen sei. Bereits vor dem Umzug habe sie sich um Arbeit im Raum H bemüht. Diese Bemühungen hätten aber erst jetzt zum Erfolg geführt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bezüglich des Zuzugs zum Ehegatten, welche auf das Verlöbnis ebenfalls Anwendung finde, sei die Sperrzeit zu Unrecht verhängt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Klägerin könne sich nur auf einen wichtigen Grund berufen, wenn durch den Umzug eine Ehe gegründet oder eine eheähnliche Gemeinschaft/Lebenspartnerschaft wieder hergestellt werden sollte, oder wenn die Eheschließung / Eintragung der Lebenspartnerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung oder unmittelbar danach konkret ins Auge gefasst gewesen sei. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt, weil eine Eheschließung bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgt sei. Der Zuzug sei auch nicht zwecks Herstellung der Erziehungsgemeinschaft für ein gemeinsames Kind erfolgt. Der Umzug zur Gründung einer eheähnlichen Gemeinschaft könne dagegen nicht als wichtiger Grund anerkannt werden.
Die Klägerin hat am 15.03.2005 vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen Klage erhoben, mit der sie ihre Auffassung weiter verfolgt hat.
Das SG hat die Klägerin angehört und E als Zeugen vernommen. Wegen dessen Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.09.2005 verwiesen.
Mit Urteil vom 26.09.2005 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt, der Klägerin ab dem 01.09.2004 Alg nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 26.10.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.11.2005 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, dass nach ihren auf der Rechtsprechung des BSG beruhenden Durchführungsanweisungen wichtige Gründe für die Lösung eines Arbeitsverhältnisses wegen des Zusammenzugs mit einem Partner nur anerkannt werden könnten, wenn der Arbeitnehmer zur Begründung der ehelichen Gemeinschaft zu seinem Ehegatten ziehen wolle oder die Eheschließung zu diesem Zeitpunkt konkret ins Auge gefasst sei, oder die Herstellung der Erziehungsgemeinschaft für ein gemeinsames Kind gewollt sei oder die Fortsetzung einer eheähnlichen Gemeinschaft. All diese Sachverhalte seien bei der Klägerin nicht erfüllt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 26.09.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, es habe bereits vor der Kündigung eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestanden, so dass ein wichtiger Grund für die Kündigung gegeben gewesen sei. Bezüglich des Zeitpunktes, zu dem diese erfolgt sei, müsse außerdem berücksichtigt werden, dass ein Schulwechsel der Tochter habe erfolgen müssen.
Zum Nachweis ihrer Bemühungen um einen Arbeitsplatz in H...