Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsanrechnungszeit zwischen zwei Ausbildungen. Freiwilliges Soziales Jahr. unvermeidbare Zwischenzeit. Beginn eines Studiums
Orientierungssatz
Die Zeit zwischen Beendigung eines vom Staat geförderten Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), dass sich unmittelbar an die Schulausbildung anschließt, und der Aufnahme eines Fachhochschulstudium ist rentenrechtlich als Übergangszeit zu berücksichtigen, sofern der Zeitraum vier Kalendermonate nicht überschreitet. Dabei stützt sich der Senat auf § 48 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst b idF vom 21.7.2004.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 21.01.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Berücksichtigung der Zeiträume vom 27.06.1982 bis zum 31.08.1982 sowie vom 01.09.1983 bis zum 30.09.1983 als Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) im Sinne einer sog. unvermeidbaren Zwischenzeit.
Die 1962 geborene Klägerin erhielt am 26.06.1982 das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife und absolvierte dann vom 01.09.1982 bis 31.08.1983 ein sogenanntes Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Nach Ablauf des FSJ zum 31.08.1983 begann die Klägerin am 01.10.1983 ein Fachhochschulstudium an der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen, Q, welches sie am 29.05.1987 mit dem Abschluss einer Diplomreligionspädagogin beendete. 1995 ließ sie sich zur Theaterpädagogin weiterbilden. Von Februar 1996 bis September 2002 war die Klägerin in diesem Beruf versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Bescheid vom 26.01.2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Hierbei berücksichtigte sie bei der Rentenberechnung den Zeitraum bis zum 26.06.1982 als Anrechnungszeit (Schulausbildung) und die Zeit vom 01.09.1982 bis zum 31.08.1983 (FSJ) als Pflichtbeitragszeit. Der Zeitraum ab 01.10.1983 wurde dann wiederum als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung berücksichtigt. Die Wartezeit zwischen Abitur und Beginn des FSJ (27.06.1982 bis 31.08.1982) sowie die Wartezeit nach Beendigung des FSJ bis zum Beginn des Fachhochschulstudiums (September 1983) fand hingegen keinen Eingang in die Rentenberechnung.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, die zuletzt genannten Zeiten seien entsprechend der Handhabung bei den Wehr- und Zivildienstzeiten als unvermeidbare Zwischenzeiten anzuerkennen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2004 zurück. Das FSJ sei keine Ausbildung. Die vorangehenden und sich anschließenden Zeiträume könnten daher nicht als Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI berücksichtigt werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.08.2004 Klage vor dem Sozialgericht Aachen erhoben und vorgetragen, die Rechtslage sei mit der Unterbrechung einer Berufsausbildung wegen Wehr- oder Zivildienstes vergleichbar. Dies folge auch daraus, dass § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 b SGB VI nach Maßgabe der Neuregelung durch Art. 1 Nr. 6 a des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.07.2004 (RVNG) seit dem 01.08.2004 auch bei der Prüfung eines Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres Zwischenzeiten von höchstens 4 Kalendermonaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung eines freiwilligen Dienstes als unschädlich ansehe. Hieraus ergebe sich die gesetzgeberische Wertung, derartige Zwischenzeiten rentensteigernd anzuerkennen.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft beim Landesverein Berlin e.V. der internationalen Jugendgemeinschaftsdienste - ijgd - vom 17.01.2005 angefordert. In ihr wird ausgeführt, die von den ijgd organisierten und getragenen Bildungsmaßnahmen FSJ begännen im Bundesland Berlin in der Regel am 01. September eines jeden Jahres. Ausnahmen beträfen Nachrücker, die auf wieder freigewordene Plätze zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt nachrücken könnten. Der reguläre Start zum 01.09. erkläre sich zum einen aus dem Zeitzusammenhang: Schulende- Berufsausbildungsstart bzw. Studienstart (die meisten Freiwilligen leisteten einen 12monatigen Dienst) und zum anderen aus der in diese Bildungsjahre eingebundenen, begleitenden Seminararbeit. Die unterschiedlichen Schulendzeiten fänden keine Berücksichtigung, der Start ins FSJ bleibe regulär der 01.09., die Bewerber/innen hätten zum 01.07. keine Möglichkeit, ein FSJ zu beginnen.
Mit Urteil vom 21.01.2005 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, die streitigen Zeiträume als Anrechnungszeit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen. In den Entscheidungsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI seien Anre...