Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Heimträger. Zahlungsklage auf höheren Pflegesatz. Höherstufung. förmlicher Weg. gerichtliche Überprüfung von MDK-Gutachten
Orientierungssatz
1. Im Rahmen der Klage eines Heimträgers auf Zahlung eines höheren Pflegesatzes, begrenzt auf den Kostenanteil der sozialen Pflegeversicherung, ist zu prüfen, ob die Einstufung des Versicherten in die bisherige niedrigere Pflegestufe den tatsächlich erforderlichen Pflegebedarf korrekt wiederspiegelt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherte (oder dessen Rechtsnachfolger) ebenfalls einen Höherstufungsantrag gestellt hat oder sich sogar gegen eine Höherstufung wehrt.
2. Ein Heimträger kann nur dann erfolgreich den Weg der Zahlungsklage gehen, wenn es zuvor auch den förmlichen Weg des § 87a Abs 2 SGB 11 oder den des § 84 Abs 2 S 3 SGB 11 gegangen ist.
3. Die gerichtliche Überprüfbarkeit der Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ist auf offensichtliche Fehler beschränkt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.03.2008 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des zweiten Rechtszugs. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 3.840,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Das klagende Pflegeheim beansprucht von der beklagten Pflegekasse die Zahlung von 3.840, 00 EUR für vollstationäre Pflege der 1937 geborenen (HK).
Die bei der Beklagten versicherte HK, deren Rechtsnachfolger die Beigeladene ist, wurde bis zu ihrem Tod am 00.05.2006 bei der Klägerin gepflegt. Sie erhielt Leistungen der Pflegestufe I. Pflegebegründend war ausweislich der zuletzt eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) Westfalen-Lippe (Gutachten Dr. C vom 03.02.2006) eine paranoid-halluzinatorische Psychose mit situativer Orientierungsstörung, fallweise aggressive Tendenzen, mit in diesem Zusammenhang auftretender Harn- und Stuhlinkontinenz, Selbstpflegedefizit.
Die Versicherte stellte im März 2005 auf Anraten und auf Aufforderung durch den Heimträger einen Antrag auf Höherstufung in die Pflegestufe II. Die Beklagte ließ die Versicherte durch die Pflegefachkraft E C1, MDK Westfalen Lippe, untersuchen und deren Hilfebedarf feststellen (Gutachten der vom 27.05.2005, Hilfebedarf für die Grundpflege von täglich 52 Minuten - KP 36, E 4, M 12 -). Sie lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09.06.2005 ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein weiteres Gutachten nach Aktenlage von Dr. T ein (21.12.2005) und veranlasste eine erneute Untersuchung und Begutachtung der Versicherten durch Dr. C1 (Gutachten vom 03.02.2006, Hilfebedarf für die Grundpflege von täglich 77 Minuten, - KP 56, E 4, M 17 -). Das gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 20.04.2006 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund geführte Klageverfahren wurde nach dem Tod der Versicherten durch Klagerücknahme am 23.11.2006 auch im Hinblick auf die bereits am 20. Juni 2006 von der Klägerin des anhängigen Verfahrens erhobene Zahlungsklage beendet.
Mit dieser Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von 3.840,- Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz verlangt und zur Begründung ausgeführt, der Betrag ergebe sich aus dem gesetzlichen Kostenanteil der Beklagten iHv 256,- Euro monatlich für den Zeitraum von März 2005 (Antragstellung der Versicherten) bis Mai 2006. Bei der Versicherten habe Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe II vorgelegen; der Gesamtpflegeaufwand im Bereich der Grundpflege habe im Wochendurchschnitt täglich 131 Minuten betragen. Sie hat die Pflegedokumentation zu den Akten gereicht und angeregt, den Pflegedienstleiter Herrn T1, zur Höhe des Pflegebedarfs zu hören.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Betrag von 3.840, 00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist dem Vorbringen des Klägers unter Vorlage eines Gutachtens nach Aktenlage des MDK (Dr. I vom 21.02.2007) entgegengetreten. Der Betreuungsaufwand der Versicherten beziehe sich auf den sozialen Umgang mit ihr und weniger auf die Pflege (so habe sich die Versicherte mehrfach aus der Pflegeeinrichtung entfernt, sie sei mit einer brennenden Zigarette eingeschlafen, etc.).
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache eingelassen.
Das SG hat mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 11.03.2008 die Klage abgewiesen: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Pflegekosten. Nach § 84 Abs. 2 S. 3 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) seien bei der Zuordnung von Pflegebedürftigen zu den Pflegeklassen die Pflegestufen nach § 15 SGB XI zugrunde zu legen, soweit nicht nach der gemeinsamen Beurteilung des Medizinischen Dienstes und der Pflegeleitung des Pflegeheims die Zuordnung zu einer anderen Pflegeklasse notwendig oder ausreichend sei. Die Versicherte sei in Pflegestufe ...