nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung. künstliche Befruchtung mit intrazytoplasmatischer Spermieninjektion. ICSI
Leitsatz (redaktionell)
1. Die ICSI unterfiel als neue Behandlungsmethode dem Anwendungsbereich des § 135 SGB V, wonach neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden dürfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss hierüber Empfehlungen abgegeben hat. Der zum 01.10.1997 gefasste Beschluss des Ausschusses, ICSI nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, war unwirksam, weil im Lichte der Wertentscheidung des Gesetzgebers mit der Einführung des § 27 a SGB V der Bundesausschuss keine schlüssige Begründung für den Ausschluss für ICSI gegenüber der Durchführbarkeit der IVF geliefert hat.
2. Die damit seit dem 01.01.1998 entstandene Lücke im Leistungssystem kann jedoch zugunsten der Versicherten nur in dem Umfang geschlossen werden und zu Leistungsansprüchen führen, wie in der medizinischen Wissenschaft Konsens über den voraussichtlichen Nutzen der Anwendung von ICSI bestand. An solchen übereinstimmenden Kenntnissen, bezogen auf den Nutzen von ICSI bei einer vorrangig weiblichen Infertilität, fehlte es jedoch im Zeitpunkt der Behandlung, wie auch heute noch.
3. Es besteht auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die bei der hier indizierten IVF entstanden wären (Medikamente, Eizellenuntersuchung und -entnahme), da sich die Behandlung nicht in zwei selbständige Teilbehandlungen im Sinne der IVF und ICSI aufspalten lässt.
Normenkette
SGB V § 13 Abs. 3 S. 1, § 27a Abs. 1
Verfahrensgang
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 26.05.2003; Aktenzeichen S 9 (1) KR 30/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26. Mai 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für eine künstliche Befruchtung mit intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI).
Bei der Klägerin, die seit September 2000 wegen unerfüllten Kinderwunsches mit ihrem Ehemann in ärztlicher Behandlung stand, wurde aufgrund einer am 18.12.2000 durchgeführten Bauchspiegelung eine ausgedehnte Endometriose festgestellt. Nachdem ein künstlicher Befruchtungsversuch (In-vitro-Fertilisation - IVF -) fehlgeschlagen war, beantragte die Klägerin unter Vorlage einer Bescheinigung des Frauenarztes Dr. H die Übernahme der Kosten einer Behandlung mittels ICSI. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) - Dr. C - hielt in seinem Gutachten vom 28.11.2001 lediglich eine IVF für erforderlich. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.12.2001 die Kostenübernahme für eine ICSI ab. Unter Vorlage einer weiteren Bescheinigung des Dr. H legte die Klägerin am 17.12.2001 Widerspruch ein, mit der sie die Auffassung vertrat, Anspruch auf eine entsprechende Behandlung zu haben. In einer weiteren Bescheinigung vom 11.01.2002 wies Dr. H darauf hin, dass die Anwendung von ICSI nach einem Befruchtungsversagen in der konventionellen IVF absolut indiziert sei. Dr. C verwies in einem weiteren Gutachten vom 13.02.2002 darauf, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) die Indikation einer ICSI nur bei andrologischen Problemen bearbeitet habe. Wenn, wie bei der Klägerin im Rahmen der IVF keine Fertilisierung bei einer nur geringen Anzahl von Oozyten zu erreichen gewesen sei, sei es jedoch sinnvoll, auf die IVF/ICSI-Kombinationstherapie umzusteigen, um die Anzahl frustraner IVF-Versuche gering zu halten. Im Februar 2002 wurde bei der Klägerin die IVF/ICSI-Behandlung durchgeführt, wofür ihr einschließlich der Medikamente und Hilfsmittel Kosten in Höhe von 4.230,91 Euro entstanden. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil allein die Reduzierung frustraner IVF-Versuche die Kostenübernahme einer ICSI-Behandlung nicht rechtfertigte.
Die Klägerin hat am 12.04.2002 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, eine alleinige Behandlung mittels IVF scheide aufgrund der begrenzten Anzahl verwendungsfähiger Eizellen in ihrem Fall aus. Die Entscheidung der Beklagten stelle sich daher auch wirtschaftlich als unsinnig dar. Soweit in den Richtlinien des Bundesausschusses nur die männliche Fertilitätsstörung als Indikation für ICSI angegeben werde, verstoße diese Regelung gegen das Willkürverbot des Art. 3 Grundgesetz (GG).
Mit Urteil vom 26.05.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 02.07.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, dem 04.08.2003, Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass sachliche Gründe für einen Ausschluss der ICSI bei weiblichen Fertilitätsstörungen nicht ...