Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. vertragsärztliche Versorgung. hyperbare Sauerstofftherapie. nicht anerkannte Behandlungsmethode. Klage eines Leistungsanbieters. Klagebefugnis. Feststellungsinteresse. Zuständigkeit der Spruchkörper für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts. Abgrenzung zu den Angelegenheiten der Sozialversicherung
Orientierungssatz
1. Zur Abgrenzung der Zuständigkeit der Spruchkörper für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts von der Zuständigkeit der Spruchkörper für Angelegenheiten der Sozialversicherung
2. Zum Nichtvorliegen der Klagebefugnis bzw des Feststellungsinteresses von nicht in das System der vertragsärztlichen Versorgung eingebundenen Leistungsanbietern gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss wegen Anerkennung der angebotenen Leistung (hier: hyperbare Sauerstofftherapie) als vertragsärztliche Leistung, die zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf.
3. Die Einordnung der hyperbaren Sauerstofftherapie unter die Behandlungsmethoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, ist rechtmäßig.
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 06.12.2006 werden zurückgewiesen. Die Kläger tragen die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten. Ansonsten sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger, die Druckkammerzentren betreiben, begehren die Aufnahme der Hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) in die Anlage I der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung) für die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit/ohne Tinnitus".
Bei der HBO handelt es sich um eine ärztliche Behandlungsmethode, die aufgrund der Kosten und des räumlichen Ausmaßes der dafür benötigten Gerätschaften in der Regel nicht in einer Arztpraxis, sondern auf Überweisung von Fachärzten ambulant in Druckkammerzentren angewandt wird. Die Betreiber der Druckkammerzentren erbringen die Behandlung nicht selber, sondern stellen dem behandelnden Arzt in ihren Betriebsstätten die erforderlichen Geräte und das Personal zur Durchführung der HBO-Behandlung zur Verfügung. Die Behandlung besteht im Wesentlichen darin, dass der Patient in einer Kammer reinen Sauerstoff einatmet und einem Überdruck von 1,5 bis 3 bar ausgesetzt wird. Der Behandlungszeitraum pro Therapieeinheit beträgt je nach Indikation 45 Minuten bis zu über 6 Stunden. Diese Therapie wird z.B. bei der arteriellen Gasembolie sowie der Dekompressionskrankheit eingesetzt, aber auch auf dem Gebiet der Wundheilung und bei einigen das Innenohr betreffenden Indikationen.
Die HBO wurde erstmalig 1994 von dem Rechtsvorgänger des Beklagten, dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (Bundesausschuss), beraten und in die Anlage 2 der Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) unter Ziffer 16 eingeordnet (Beschluss vom 22.11.1994). In dieser Anlage waren die Methoden aufgelistet, die vom Bundesausschuss unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten anerkannt waren.
Unter dem 22.04.1998 beantragte die Beigeladene zu 3) gemäß Ziff. 2.2 der (damals geltenden) Verfahrensrichtlinie, die HBO erneut nach § 135 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu beraten. Der Antrag umfasste u.a. die Indikationen "akutes Knalltrauma" und "Hörsturz mit und ohne Tinnitus". In dem Antrag heißt es:
"Die hyperbare Sauerstofftherapie wurde mit Beschluss des Bundesausschusses vom 22.11.1994 aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen, da für die damals beratenen Indikationen eine Wirksamkeit nicht belegt werden konnte. Auch nach der damaligen Beschlussfassung sind bis heute keine Unterlagen vorgebracht worden, die den Nutzen, die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit bei den damals beratenen Indikationen belegen würden. Der verbindliche Beschluss-Stand des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen wird dadurch konterkariert, dass die hyperbare Sauerstofftherapie regelhaft von den Krankenkassen erstattet wird, wie beiliegende Auszüge aus den Arbeitsanleitungen der Krankenkassen für leistungsrechtliche Entscheidungen ihrer Geschäftsstellen belegen. Nach jüngsten Angaben der Kommission "hyperbare Medizin in der Anästhesie" wurden seit dem damaligen Beschluss des Bundesausschusses bis heute insgesamt über 40.000 Patienten behandelt. Dies entspräche insgesamt einem Erstattungsvolumen von ca. 120 Mio. DM."
Auf den Antrag erfolgte die Prioritätenfestsetzung am 28.05.1998 entsprechend Punkt 4 der (damals geltenden) Verfahrensrichtlinie, nach der der Arbeitsausschuss festzulegen hat, welche zur Beratung anstehenden Methoden vorrangig überpr...