Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Beurteilung der Anzahl der Fachsemester sind die Fachsemester von Bachelor- und Masterstudiengängen zusammenzurechnen, wenn zwischen diesen beiden Studiengängen ein zeitlicher und fachlicher Zusammenhang besteht, sodass diese als einheitlicher Studiengang anzusehen sind.
2. Dieser Frage kommt ab dem 1.1.2020 aufgrund des Wegfalles des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V a.F. keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu.
Normenkette
SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 9 Fassung: bis 2019-12-31, § 223 Abs. 1-2, § 250 Abs. 2
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 08.10.2020 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) in der Zeit vom 01.08.2018 bis zum 31.12.2019.
Der 1991 geborene Kläger nahm im Wintersemester 2010/2011 an der Universität E ein Bachelor-Studium im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen auf. Nach Abschluss dieses Studiums begann er im Sommersemester 2016 an derselben Universität ein Masterstudium ebenfalls im Studiengang des Wirtschaftsingenieurwesens.
Bis zum 31.07.2018 war er aufgrund einer neben dem Studium ausgeübten Beschäftigung bei der Beklagten pflichtversichert. Nach Beendigung dieser Tätigkeit und der Aufnahme einer Tätigkeit als Werkstudent bei der S GmbH ab dem 01.08.2018 (befristet bis zum 31.12.2018) mit einer Arbeitszeit von 20 Stunden/Woche und einem Monatslohn von 813,28 EUR prüfte die Beklagte seinen Versicherungsstatus. Im Rahmen dieser Prüfung legte er eine Studienbescheinigung seiner Universität vor, nach der er sich im Wintersemester 2018/2019 im 17. Hochschul- und im 6. Fachsemester des Studiengangs Master of Science - Wirtschaftsingenieurwesen, Vert. Maschinenbau und Wirtschaft befand. Nach einem Telefonvermerk vom 22.01.2019 teilte ein Mitarbeiter der Universität der Beklagten mit, der Kläger sei seit dem Wintersemester 2010/2011 immatrikuliert. Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen sei gleich geblieben.
Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 22.01.2019 fest, dass die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung am 01.08.2018 begonnen habe.
Mit Bescheid vom 05.02.2019 setzte die Beklagte die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung ab dem 01.08.2018 in Höhe der Mindestbeiträge fest. Für die Zeit vom 01.08.2018 bis zum 31.01.2019 habe der Kläger einen Betrag i.H.v. 927,20 EUR zu zahlen. Der monatliche Beitrag ab dem 01.02.2019 betrage 156,79 EUR. Am selben Tag erließ die Beklagte einen Beitragsbescheid zur Pflegeversicherung.
Am 13.02.2019 legte der Kläger gegen die Bescheide vom 05.02.2019 Widerspruch ein. Er sei in der KVdS versichert, da er erst im 6. Fachsemester sei. Sein Masterstudiengang entspreche inhaltlich in keiner Weise dem zuvor belegten Bachelorstudiengang. Es handele sich nach dem Hochschulrecht um zwei verschiedene Studiengänge. Beide vermittelten einen eigenen berufsqualifizierenden Abschluss und hätten eigene Studienordnungen. Für beide Studiengänge seien eigene Zulassungskriterien und Regelstudienzeiten festgelegt. Die Hochschule beginne die Fachsemester mit Beginn des Masterstudiengangs neu zu zählen.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Universität E mit, es handele sich um einen konsekutiven Masterstudiengang.
Ab dem 01.04.2019 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Werkstudent bei der D GmbH auf, bei der die Arbeitszeit ebenfalls 20 Stunden/Woche betrug und er eine Vergütung i.H.v. 12,00 EUR/Stunde bzw. ab dem 16.10.2019 13,00 EUR/Stunde erhielt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2019 zurück. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung (a.F.) seien Studenten bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters versicherungspflichtig, längstens jedoch bis zum 30. Lebensjahr. Die Begrenzung auf 14 Fachsemester beziehe sich auf einen Studiengang. Ein Studiengang sei als die Gesamtheit der Lerninhalte eines wissenschaftlichen Studienfachs an einer Hochschule zu sehen. Bei einem Masterstudiengang, der sich an einen Bachelorstudiengang anschließe, seien die Fachsemester der beiden Studiengänge zusammenzurechnen, sofern es sich um den gleichen Studiengang handele. Da der Kläger seit dem 01.10.2010 immatrikuliert sei, sei das 14. Fachsemester mit Ablauf des Sommersemesters 2017 erfüllt gewesen.
Der Kläger hat am 11.12.2019 Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben.
Seit dem 01.01.2020 führt ihn die Beklagte aufgrund der Änderung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durch das MDK-Reformgesetz vom 14.12.2019 (BGBl. I 2789) wieder in der KVdS.
Ergänzend zum Vortrag im Widerspruchsverfahren hat der Kläger vorgetragen, dass die Möglichkeit bestehe, zum Masterstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen zugelassen zu werden, ohne zuvor den Bachelorstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen abgeschlossen zu haben. Diese Studierenden müssten dann zus...