Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Erhebung der Insolvenzgeldumlage für 2002. Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Umlagehöhe. rechtmäßige Einbeziehung der Verwaltungskosten der BA, der Zinsen und eines Betriebsmittelbedarfs für das Jahr 2003 und des 1. Quartals 2004. Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität der §§ 358ff SGB 3. keine Vorlage gem Art 234 EV wegen ausschließlicher Zuständigkeit der Kommission gem Art 88 EG
Orientierungssatz
1. Die Vorschriften über die Erhebung der Insolvenzgeld-Umlage verstoßen nicht gegen das Grundgesetz (Anschluss an BVerfG vom 18.9.1978 - 1 BvR 638/78 = SozR 4100 § 186b Nr 2; Anschluss an BSG vom 1.3.1978 - 12 RK 14/77 = SozR 4100 § 186b Nr 1; Anschluss an BSG vom 21.10.1999 - B 11/10 AL 8/98 R = SozR 3-4100 § 186b Nr 1).
2. Ein Verstoß der §§ 358ff SGB 3 gegen die Vorschriften oder Grundsätze des europäischen Gemeinschaftsrechts, der die Umlageregelung nicht anwendbar macht, ist nicht zu erkennen (vgl BSG vom 21.10.1999 - B 11/10 AL 8/98 R = SozR 3-4100 § 186b Nr 1).
3. Wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission gem Art 88 EGV bezüglich der Frage, ob die Erhebung der Insolvenzgeld-Umlage eine mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbarende unzulässige Beihilfemaßnahme darstellt (Verstoß gegen Art 87 EG), kann ein Gericht eines Mitgliedstaates nicht über die Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen mit dem gemeinsamen Markt entscheiden (vgl BSG vom 21.10.1999 - B 11/10 AL 8/98 R aaO; vgl EuGH vom 21.11.1991 - C-354/90 = EuGHE I 1991, 5505). Eine Vorlage an den EuGH nach Art 234 EG scheidet somit aus.
4. Nach der Rechtsprechung des BSG und des EuGH verstoßen die leistungsrechtlichen Regelungen des Insolvenzgeldes nach § 183ff SGB 3 nicht gegen die Mindestanforderungen der EWGRL 987/80 (vgl BSG vom 20.6.2001 - B 11 AL 3/01 R = SozR 3-4100 § 141b Nr 23; vgl EuGH vom 18.9.2003 - C-125/01 = SozR 4-4300 § 324 Nr 1). Die EWGRL 987/80 ist für die Mitgliedsstaaten nur hinsichtlich der zu erreichenden Ziele verbindlich, überlässt aber die Wahl der Mittel und deren Form den Mitgliedstaaten.
Normenkette
SGB III §§ 183, 358-360, 152 Abs. 1, § 150; EV Art. 234; EG Art. 88, 87; EWGRL 987/80 Art. 5; GG Art. 14, 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 29.07.2004 wird zugewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung der Insolvenzgeld-Umlage für das Jahr 2002.
Die Klägerin ist seit dem 01.01.1979 Mitglied bei der Beklagten. Die Beklagte setzte durch Beschluss des Vorstandes vom 02.04.2003 den Beitragssatz für die Insolvenzgeld-Umlage für das Jahr 2002 auf 4,7670 Euro je 1.000, - Euro Lohnsumme fest. Der Beitragsfuß wurde nach der Formel
511,97 Mio EUR (Umlagesoll) x 1.000,00 Eur (je 1.000,00 EUR anrechenbare Lohnsumme) geteilt durch 107.398,36 Mio EUR (anrechenbare Lohnsumme)
berechnet. Der Formel lagen folgende Ansätze zugrunde:
Insolvenzgeldzahlung der BA 2002: 1.915,38 (In Mio E) Verwaltungskosten der BA (geschätzt): 80,00 Zinsforderung der BA bis 31.03: 10,38 Gesamt: 2.005,76
Abrechnungen der Insolvenzgeldzahlungen der VBG 2002
Vorschüsse an die BA in 2002: 295,51 + Abschlusszahlungen an BA, Ausgleich zwischen Berufsgenossenschaften 25,62 + Abschlusszahlungen Verwaltungskosten 2001 an BA, Zinsabrechnung 1,42 = Zahlung für Insolvenzgeld 2002: 322,55 + Nacherhebung der Beitragsausfälle: 15,42 - nachträglich eingegangene Beiträge: - 7,31 = vorläufiges Umlagesoll: 330,66.
Erwartete Zahlung an die BA
Vorschussraten 2003 an die Ba: 355,00 Abschlusszahlungen für 2002: 25,62 Verwaltungskosten der BA: 3,00 1. Vorschussrate 2004: 90,00 = Finanzbedarf bis 30.04.2003: 473,62.
Ermittlung des Betriebsmittelbedarfs
Vorläufiges Umlagesoll: 330,66 Finanzierungsbedarf: - 473,62 Unterdeckung Vorjahr: - 38,35 Finanzierungssaldo/Betriebsmittelbedarf: - 181,31.
Berechnung des Gesamtumlagesolls 2002
Umlagesoll vor Betriebsmittelveränderung: 330,66 Betriebsmittelbedarf: 181,31 Umlagesoll 2002: 511,97.
/für 2002 gemeldete Lohnsummen in Mio Eur: 107.398,36 = Beitragsfuß Insolvenzgeld je 1.000,00 EUR Lohnsumme: 4,7670.
Mit Beitragsbescheid vom 23.04.2003 erhob die Beklagte von der Klägerin einen Gesamtbeitrag von 20.261,76 Euro. Sie setzte den Anteil an der Insolvenzgeld-Umlage auf 11.490,29 EUR fest. Bei Berechnung der Insolvenzgeld-Umlage legte sie ein Bruttoarbeitsentgelt von 2.410.382,00 EUR und einen Beitragsfuß von 4,767 zugrunde.
Gegen die Festsetzung der Insolvenzgeld-Umlage legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie trug vor, die Insolvenzgeld-Umlage für das abgerechnete Jahr 2002 betrage 178,54 % des Beitrags zur Beklagten. Sie müsse fast das Doppelte des Versicherungsbeitrags zusätzlich zum Versicherungsbeitrag als versicherungsfremde Leistung erbringen. Die Höhe der Umlageforderung sei unverhältnismäßig, verstoße geg...