Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen
Orientierungssatz
Eine Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, die ua die Anerkennung der fakultativen Weiterbildung gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin besitzt, hat keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB 5, wenn sie die gesetzlich vorausgesetzte Gewähr für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht bieten kann.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.03.2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 7). Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die Klägerin ist seit April 2006 als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung in S zugelassen und betreibt außerdem in Bochum mit den Dres. O und C eine Privatpraxis. Sie besitzt u.a. die Anerkennung der fakultativen Weiterbildung gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.
Mit Schreiben vom 15.01.2006 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie beabsichtige, sich zum 01.04.2006 als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe mit Vertragsarztsitz in S niederzulassen, ein Zulassungsantrag bei der Beigeladenen zu 7) sei gestellt. Außerdem beabsichtige sie, im Bereich der Reproduktionsmedizin tätig zu werden. Um Planungssicherheit zu haben, bat sie um Mitteilung, ob die Vorgaben des § 121a SGB V erfüllt seien. Sie fügte umfangreiche Unterlagen bezüglich ihres Lebenslaufes, der Qualifikation potentieller Mitarbeiter in der Praxis, einen Grundriss der Praxis und Stellungnahmen niedergelassener Gynäkologen aus dem Bereich Kreis S und Stadt Gelsenkirchen, die ihr Vorhaben befürworteten, bei. Im Kreis S gebe es keine Anlaufstelle für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch. Die ohnehin psychisch und finanziell stark belasteten Sterilitätspatientinnen müssten in Einrichtungen des weiteren Umkreises überwiesen werden, in denen trotz Erweiterung der Teams um zusätzliche ärztliche Kollegen in der jüngsten Vergangenheit lange Wartezeiten bestanden hätten und aufgrund des Patientenandrangs eine zum Teil recht unpersönliche Behandlung zu beklagen sei.
Die Beklagte bat darauf mit Schreiben vom 26.01.2006 die Beigeladene zu 7) im Hinblick auf die Voranfrage der Klägerin um Stellungnahme insbesondere zur Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Nach Beratung der Anfrage am 01.03.2006 in der "Ständigen Kommission In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer" teilte die Beklagte der Klägerin unter dem 02.03.2006 mit, dass auf der Grundlage der vorliegenden Informationen aus berufsrechtlicher Sicht keine Bedenken gegen das Vorhaben bestünden.
Mit Schreiben vom 05.03.2006 beantragte die Klägerin sodann formell die Autorisierung ihrer geplanten reproduktionsmedizinischen Praxis gemäß § 13 Abs. 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe und nachfolgend auch formell die Erteilung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen (ICSI/IVF) sowie zur Durchführung von Inseminationen nach hormoneller Stimulation mit der Gefahr der Polyovulation (drei oder mehr Follikel) entsprechend der Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion in ihrer künftigen reproduktionsmedizinisch-endokrinologischen Schwerpunkt-Praxis in S. Sie wies darauf hin, dass die Beigeladene zu 7) noch keine Stellungnahme abgegeben habe; sie sei mit einer Mengenbegrenzung auf 200 IVF-Punktionen pro Jahr zufrieden.
Mit Schreiben vom 10.04.2006 und 25.04.2006 verneinte die zu 7) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KV WL) den notwendigen Bedarf für die beabsichtigten Leistungen. Im Planungsbereich S habe zwar kein Vertragsarzt eine Genehmigung nach § 121a SGB V, es seien aber auch die angrenzenden Planungsbereiche in die Betrachtung einzubeziehen. In Bocholt, Münster, Gelsenkirchen und Dortmund seien Reproduktionsmediziner niedergelassen, bezüglich der Zulassung in Bochum sei ein Rechtsstreit anhängig. Diese Praxen seien für die Versicherten mit einer Fahrzeit von maximal 1 Stunde zumutbar erreichbar. Eine Überprüfung habe ergeben, dass im Quartal III/2005 Versicherte aus dem Kreis S diese Praxen aufgesucht hätten. Dies zeige, dass die Versicherten diese Entfernungen nicht als subjektiv unzumutbar empfänden. Die Änderung des § 27a SGB V habe zu einem deutlichen Rückgang der Inanspruchnahme reproduktionsmedizinischer Leistungen geführt, so dass eine Genehmigungserteilung unwirtschaftlich wäre. Schließlich sei die beabsichtigte Praxis auch nicht leistungsfähig. Nach Auffassung des Berufsverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e.V. sei von einer schwerpunktmäßigen Tä...