Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Fahrgemeinschaft. sachlicher Zusammenhang. Abweg. Abholen eines weiteren Versicherten. Abgrenzung zum unversicherten Fahrdienst
Orientierungssatz
Ein Schüler, der zunächst seinen Bruder mit dem Motorrad in der Nähe der Schule abgesetzt hatte, um anschließend einen weiteren Mitfahrer (Schulfreund) in entgegen gesetzter Richtung abzuholen, steht auch auf diesem Abweg gem § 8 Abs 2 Nr 2 Buchst b SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nachgehend
Tenor
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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 03.04.2008 wird zurückgewiesen. |
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Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. |
3. |
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Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung eines Motorradunfalles als versicherter Wegeunfall.
Der 1986 geborene Kläger erlitt am 13.01.2005 gegen 07:50 Uhr mit dem von ihm geführten Motorrad einen Unfall, bei dem er sich eine Schulterbandläsion rechts zuzog. Er war seinerzeit ebenso wie sein jüngerer Bruder J Schüler der am M 7 in T gelegenen W-schule. Am Unfalltag hatte er zusammen mit seinem Bruder, den er auf dem Motorrad mitnahm, gegen 07:35 Uhr die elterliche Wohnung in der P 8 in T verlassen und seinen Bruder am Parkplatz des S, An der H in T abgesetzt, von wo dieser auf einem für den allgemeinen Verkehr gesperrten steilen Weg die Schule zu Fuß aufsuchte. Der Kläger war sodann in Richtung A zurückgefahren, um dort den Schulfreund V C abzuholen und mit diesem die Schule auf einem für den Fahrzeugverkehr zugelassenen Straßenverlauf zu erreichen (vgl die Angaben im Wegeunfall-Fragebogen vom 26.01.2005, Bl 4 ff VA, und den Auszug des T Stadtplanes mit gekennzeichnetem Wegverlauf, Bl 8 VA); Schulbeginn war für alle drei Schüler 08:00 Uhr. Auf dem Weg zum A kollidierte der Kläger auf der Straße "Auf der W" mit einem die Straße überquerenden Fußgänger, stürzte mit seinem Motorrad und zog sich die Schulterverletzung zu. Die Beklagte ging zunächst von einem Schulwegeunfall aus und gewährte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Mit Bescheid vom 24.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2007 lehnte sie dann jedoch die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil der Kläger sich auf einem unversicherten Abweg befunden habe, der auch nicht von dem für Fahrgemeinschaften erweiterten Versicherungsschutz umfasst werde.
Auf die hiergegen am 21.12.2007 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Trier durch Urteil vom 03.04.2008 den Bescheid vom 24.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Unfall vom 13.01.2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen und weiter zu entschädigen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Die Beklagte habe zu Unrecht mit den angefochtenen Bescheiden die Anerkennung des Unfalls vom 13.01.2005 als versicherten Arbeitsunfall abgelehnt. Gemäß § 8 Abs 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei ein Arbeitsunfall ein Unfall, den eine versicherte Person bei einer versicherten Tätigkeit erleide und der einen Gesundheitsschaden zur Folge habe. Als Schüler der W-schule T habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt gemäß § 2 Abs 1 Nr 8 b SGB VII zum Kreis der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gehört. Da der Kläger sich zum Unfallzeitpunkt auf einem Weg befunden habe, der von der Schule wegführte, habe er zwar nicht unter dem Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII gestanden, zu seinen Gunsten greife jedoch die Regelung des § 8 Abs 2 Nr 2 b SGB VII ein. Diese erweitere den Versicherungsschutz auf das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen. Hierdurch werde der Unfallversicherungsschutz bei Fahrgemeinschaften verbessert, indem sichergestellt werde, dass der Versicherungsschutz auf Umwegen erhalten bleibe, die gemacht werden, weil mitfahrende Personen unterwegs aufgenommen oder abgesetzt werden. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.07.1982 - 2 RU 49/81 - könnten dem Wortlaut der Vorschrift und auch der Gesetzessystematik keine zusätzlichen Voraussetzungen für den Versicherungsschutz entnommen werden. Es komme deshalb nicht darauf an, dass durch die Fahrgemeinschaft eine Energieeinsparung oder eine Verminderung des Unfallrisikos bewirkt werde. Zudem sei es auch nicht erforderlich, dass sich alle Teilnehmer der Fahrgemeinschaft für einen erheblichen Teil des Weges gemeinschaftlich auf dem Weg zu ihrer versicherten Tätigkeit befinden müssen. Es genüge für den Versicherungsschutz, dass der Weg für einen Mitfahrenden der direkte Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit sei und nur für die anderen ein Umweg. Der Versicherungsschutz scheitere auch nicht daran, dass ein Versicherter nur ein letztes kurzes Stück zur Arbeitsstätte mit...