Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Kosten des Tätigwerdens eines Rechtsanwalts in einem isolierten Widerspruchverfahren nach dem Schwerbehindertenrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Auch nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ist für die in Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht bei der Abrechnung der Kosten für das Tätigwerden eines Rechtsanwalts in einem isolierten Widerspruchverfahren anfallende Beitragsrahmengebühr (§ 3 Abs 2 iVm Abs 1 S 1 RVG) in der Regel die Mittelgebühr als angemessen anzusehen.
2. Die Einschränkung im Vergütungsverzeichnis (VV) Nr 2500 bezweckt - wie die gleiche Regelung zu Nr 2400 - eine Begrenzung bzw Kappung der sogenannten "Mittelgebühr", die ansonsten für durchschnittliche Fälle mit 280 Euro zu berechnen wäre.
3. War die anwaltliche Tätigkeit nicht "umfangreich oder schwierig" iS des Zusatzes zu VV Nr 2500, ist statt der Regelmittelgebühr (280 Euro) die Schwellengebühr von 240 Euro als "billig" iS des § 14 Abs 1 S 1 RVG anzusetzen.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27.07.2005 aufgehoben, soweit der Klägerin ein Anspruch auf Zinsen aus 58€ zugesprochen wurde. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren trägt der Beklagte.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kostenerstattung für ein Widerspruchsverfahren.
Mit Bescheid vom 20.09.2004 stellte das Amt für soziale Angelegenheiten Koblenz bei der Klägerin einen Grad der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) von 20 fest.
Hiergegen legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein, mit dem sie die Feststellung eines GdB von mindestens 30 begehrte, was die Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 26.11.2004 begründete. Gestützt auf eine sozialmedizinische Stellungnahme der Ärztin N. H stellte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2005 einen GdB von 30 fest und teilte mit, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren seien in voller Höhe zu erstatten, wobei die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt werde.
Mit Rechnung vom 28.01.2005 berechnete die Prozessbevollmächtigte der Klägerin deren außergerichtlichen Kosten in Höhe von 353,80 € (Verfahrensgebühr Widerspruchsverfahren Nr. 2500 Vergütungsverzeichnis - VV - 280,00 €, 10 Kopien 5,00 €, Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 € sowie Umsatzsteuer 48,80 €).
Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 07.03.2005 setzte der Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 237,80 € fest, wobei er von einer Gebühr gemäß VV Ziffer 2500 von 180,00 € ausging.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2005 zurückwies. Zur Begründung wurde ausgeführt, unter Berücksichtigung der Widerspruchsbegründung der Klägerin sei der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit durchschnittlich gewesen, die Bedeutung der Angelegenheit für die Widerspruchsführerin gering, so dass die Voraussetzungen, die die Gewährung der Regelgebühr rechtfertigten, nicht vorlägen.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Koblenz den Beklagten mit Urteil vom 27.07.2005 verurteilt, unter Abänderung der angefochtenen Bescheide der Klägerin weitere notwendige Aufwendungen im Widerspruchsverfahren in Höhe von 58,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 03.03.2005 zu erstatten. Im Übrigen wurde die Klage zurückgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, da der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung weiterer Aufwendungen im Widerspruchsverfahren in Höhe von 58,00 € nebst Zinsen zuständen, während die weitergehende, auf Erstattung weiterer notwendiger Aufwendungen in Höhe von 116,00 € nebst Zinsen gerichtete Klage unbegründet sei. Die Höhe der Gebühren ergebe sich aus dem VV der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), wonach der Rechtsanwalt grundsätzlich die Gebühr unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG genannten Kriterien, Bedeutung der Angelegenheit, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und Haftungsrisiko bestimme. Bei der Bestimmung der Gebühr sei von der so genannten Mittelgebühr auszugehen, mit der ein Durchschnittsfall abgegolten werde, die nach Nr. 2500 des VV in sozialrechtlichen Angelegenheiten 280,00 € betrage, wobei allerdings eine Gebühr von mehr als 240,00 € nur gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung, wonach diese Gebühr von 240,00 € in einem Durchschnittsfall in Ansatz zu bringen sei und bei Abweichungen vom Durchschnittsfall ausgehend von dem Betrag von...