Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. vorläufige Entscheidung. Erstattung erbrachter Leistungen nach abschließender Entscheidung. Unpfändbarkeit eines Smartphones. keine Beschränkung der Minderjährigenhaftung. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 14 AS 34/17 R

 

Orientierungssatz

1. Ein Smartphone ist unpfändbar iS des § 811 Abs 1 Nr 1 ZPO, wenn der Betroffene weder über einen Fernseher noch über einen Computer verfügt.

2. Die Beschränkung der Minderjährigenhaftung nach § 1629a Abs 1 BGB greift nicht bei der Erstattung erbrachter Leistungen nach abschließender Entscheidung gemäß § 40 Abs 2 Nr 1 SGB 2 aF iVm § 328 Abs 3 S 2 SGB 3.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.11.2018; Aktenzeichen B 14 AS 34/17 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 31.05.2016 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Erstattungsbescheid.

Die 1997 geborene Klägerin bezog von dem Beklagten wiederholt (aufstockende) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Teil einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern und ihrem Bruder.

Nachdem die Mutter der Klägerin aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war, bewilligte der Beklagte den verbliebenen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft mit Änderungsbescheid vom 10.02.2015 unter Berufung auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.03. bis zum 30.06.2015. Insoweit wurden der Klägerin für die Monate März und April 2015 Leistungen in Höhe von jeweils 94,78 Euro, für den Monat Mai in Höhe von 96,07 Euro und für den Monat Juni in Höhe von 96,10 Euro bewilligt. Bei der Berechnung der Leistungen legte der Beklagte ein vorläufiges Einkommen des Vaters von 1.280,00 Euro netto zu Grunde.

Mit Bescheid vom 24.08.2015 erfolgte die endgültige Festsetzung der Leistungen für den Zeitraum vom 01.03. bis zum 30.06.2015, nachdem der Vater der Klägerin dem Beklagten die Verdienstbescheinigungen über das tatsächlich erzielte Arbeitseinkommen vorgelegt hatte. Der Klägerin wurden nunmehr für den Monat März Leistungen in Höhe von 71,01 Euro, für den Monat April in Höhe von 85,49 Euro, für den Monat Mai in Höhe von 85,99 Euro und für den Monat Juni in Höhe von 86,00 Euro bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 24.08.2015 forderte der Beklagte von der Klägerin die Erstattung von Leistungen für den Monat März in Höhe von 23,77 Euro, für den Monat April in Höhe von 9,29 Euro, für den Monat Mai in Höhe von 10,08 Euro und für den Monat Juni in Höhe von 10,10 Euro, insgesamt 53,24 Euro.

Mit ihrem (allein) gegen den Erstattungsbescheid gerichteten Widerspruch betreffend den Erstattungszeitraum “März bis einschließlich Mai 2015„ machte die Klägerin geltend, soweit die Erstattungsforderung sich auf einen Zeitraum erstrecke, in dem sie noch minderjährig gewesen sei, sei diese mit Erreichen der Volljährigkeit rechtswidrig geworden.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, soweit sich die Klägerin auf die Beschränkung der Minderjährigenhaftung nach § 1629a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berufe, trete diese vorliegend nicht ein, weil es an einer kausalen Handlung des gesetzlichen Vertreters der Klägerin fehle. Die Leistungsbewilligung sei im Interesse der Hilfebedürftigen vorläufig erfolgt, ein schuldhaftes Handeln bzw. Verhalten des gesetzlichen Vertreters habe die Verbindlichkeit aus der Zeit, in der die Klägerin noch minderjährig gewesen sei, nicht veranlasst.

Dagegen hat die Klägerin am 02.12.2015 Klage vor dem Sozialgericht Mainz (SG) erhoben. Sie hat eine eidesstaatliche Versicherung vom 03.12.2015 vorgelegt, nach der sie am 02.05.2015 über kein Bar- oder Sparvermögen verfügt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Erstattungsbescheid vom 24. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2015 aufzuheben, soweit mit diesem Erstattung von Leistungen in Höhe von insgesamt 33,40 Euro für die Zeit vom 1. März bis 1. Mai 2015 verlangt wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das SG hat die Klägerin aufgefordert, ein Verzeichnis ihres verwertbaren Eigentums am 18. Geburtstag vorzulegen.

Mit Urteil vom 31.05.2016 hat das SG den angefochtenen Erstattungsbescheid “insoweit aufgehoben, als im Zeitraum vom 1. März bis 1. Mai 2015 mehr als 25 Euro zu erstatten sind„; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin müsse die überzahlten SGB II-Leistungen für die Monate März (23,77 Euro) und April 2015 (9,29 Euro) sowie für den 1. Mai 2015 (0,34 Euro = 1/30 von 10,08 Euro) nur bis zur Höhe ihres Vermögens bei Eintritt der Volljährigkeit erstatten. Die nur begrenzte Erstattungspflic...

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