Entscheidungsstichwort (Thema)

Fremdrentenberechnung. Anrechnung einer fiktiven, tatsächlich nicht bezogenen Auslandsrente. Rumänien

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 31 Abs 1 S 1 FRG bietet keine Rechtsgrundlage für die Anrechnung einer fiktiven, tatsächlich nicht bezogenen Auslandsrente (hier: Rumänien) auf eine nach den Vorschriften des FRG festgestellte Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.

2. Weder durch das am 1.6.2006 in Kraft getretene Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über Soziale Sicherheit (juris: SozSichAbk ROM) vom 8.4.2005 (BGBl II 2006, 164) noch durch den Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union zum 1.1.2007 hat sich an dieser Rechtslage etwas geändert.

3. Die Wahrnehmung des Rechts aus Art 44 Abs 2 EWGV 1408/71, die Feststellung von Leistungsansprüchen anderer Mitgliedsstaaten aufzuschieben, stellt keinen Verzicht auf die Leistung iSd § 46 Abs 1 SGB 1 dar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.05.2011; Aktenzeichen B 5 R 8/10 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Koblenz vom 24.03.2009 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Kürzung einer Altersrente nach § 31 Fremdrentengesetz (FRG).

Der 1945 in R geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und Inhaber des Vertriebenenausweises A.

In R war der Kläger von 1962 bis 1975, unterbrochen von Ausbildungszeiten, erwerbstätig. Im August 1975 zog er in die Bundesrepublik Deutschland zu.

Im Februar 2008 stellte der Kläger den Antrag auf Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des dreiundsechzigsten Lebensjahres. Im Rentenformantrag war die Frage, ob eine Rente aus eigener Versicherung (auch in der ehemaligen DDR oder im Ausland) bereits bezogen werde oder beantragt worden sei, verneint.

Durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 07.03.2008 beantragte der Kläger die "Verschiebung der Antragsgleichstellung" gemäß Art 44 der EWG-Verordnung (VOEWG 1408/71) und bat um Bestätigung, dass in R ein Rentenverfahren nicht durchgeführt werde.

Mit Schreiben vom 18.03.2008 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass beabsichtigt sei, die ihm aus R zustehende Rente in voraussichtlicher Höhe anzurechnen, auch wenn der Kläger diese tatsächlich nicht beziehen sollte. Sie führte dazu aus, das FRG gelte nach § 2 S 1b FRG nicht für Versicherungs- und Beschäftigungszeiten, die nach der VOEWG Nr 1408/71 einem bilateralen Versicherungsabkommen oder der innerstaatlichen Vorschriften eines Vertragsstaates anrechenbar seien. Damit sei bestimmt worden, dass die Entschädigung der ausländischen Versicherungszeiten vorrangig vom Träger des Staates zu erfolgen habe, nach dessen Rechtsvorschriften sie zurückgelegt worden seien, also vom Rentenversicherungsträger in R . Das FRG sei insoweit nachrangig.

Aus Gründen des Vertrauensschutzes würden die in R zurückgelegten Versicherungszeiten jedoch weiterhin nach dem FRG in der deutschen Rente berücksichtigt. Damit es hierdurch zu keiner ungerechtfertigten Doppelleistung komme, sehe § 31 FRG vor, dass die deutsche Rente um die ausländische Rente vermindert werde, soweit sie auf denselben Versicherungszeiten beruhe. Den Vertrauensschutz durch die weitere Anrechnung der ausländischen Zeiten nach dem FRG habe der Gesetzgeber in Erwartung eingeräumt, dass eine ausländische Rente bezogen werde und diese nach § 31 Abs 1 FRG angerechnet werden könne. Im Ergebnis werde also die ausländische Rentenleistung auf das Niveau des FRG aufgestockt. Die Anrechnung der ausländischen Rente diene auch der Entlastung der deutschen Rentenversicherung, die für die nach dem FRG berücksichtigten Zeiten keine Beiträge erhalten habe. Der Anrechnungsbetrag sei auf Basis eines r… Rentenpunktes für die Altersrente eines durchgehend beschäftigten Durchschnittsverdieners ermittelt worden und entspreche umgerechnet 33,92 € Monatsrente für deckungsgleiche deutsche und r… Zeiten nach Art 107 VOEWG Nr 574/72.

Mit Bescheid vom 28.04.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin - als vorläufige Leistung im Sinne des Art 45 VOEWG Nr 574/72 - ab dem 01.04.2008 eine Altersrente für langjährig Versicherte. Ab dem 01.05.2008 wurde die Rente um 33,92 € gemindert, sodass sich ein Zahlbetrag von 397,11 € ergab. In Anlage 7 wurde dazu ausgeführt, die Rente ruhe in Höhe des Brutto-Betrages der Leistung aus der ausländischen Sozialversicherung.

Der Kläger erhob dagegen Widerspruch mit der Begründung, eine Rentenkürzung nach § 31 FRG dürfe nur vorgenommen werden, wenn die ausländische Rente tatsächlich ausgezahlt werde, was hier nicht der Fall sei.

Durch Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 2 S 2 FRG sei das FRG bei Abkommensstaaten weiterhin anzuwenden, sofern dieses durch eine entsprechende Weitergeltungsbestimmung im über- und zwischenstaatlichen Recht ausdrücklich ...

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