Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Ermittlung der Pflegestufe. Hilfe zur Sicherung der parenteralen Ernährung zählt nicht zur Grundpflege. Maßnahme der Behandlungspflege. verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Nahrungsaufnahme. Häusliche Krankenpflege
Orientierungssatz
1. Bei der parenteralen Ernährung handelt es sich nicht um eine gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtung im Bereich der Ernährung gemäß § 14 Abs 4 Nr 2 SGB 11, sondern um eine Maßnahme der Behandlungspflege iS des § 37 Abs 2 SGB 5.
2. Zur Frage einer Berücksichtigung der parentalen Ernährung als verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Maßnahme nach § 15 Abs 3 S 3 SGB 11.
Normenkette
SGB XI § 14 Abs. 1, 4 Nr. 2, § 15 Abs. 3 S. 3; SGB V § 37 Abs. 2, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, Abs. 7 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 28.09.2012 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II.
Der 2000 geborene Kläger ist seit dem 16.12.2009 bei der Beklagten pflegeversichert. Seit dem 16.12.2009 erhält er Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I. Er leidet an Krankheiten des Verdauungssystems nach medizinischen Maßnahmen, einem Kurzdarm-Syndrom, daraus resultierend schwere Resorptionsstörungen mit parenteraler Ernährung.
Am 05.01.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe II.
Die Beklagte veranlasste daraufhin bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz (MDK) die Erstellung eines Gutachtens vom 13.01.2010, in dem die Pflegekraft im MDK K einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 53 Minuten täglich im Wochendurchschnitt ermittelte. Der Hilfebedarf wurde für die Körperpflege mit 39 Minuten, für die Ernährung mit 4 Minuten und für die Mobilität mit 10 Minuten pro Tag ermittelt. Darüber hinaus bestehe ein Hilfebedarf im Bereich der Hauswirtschaft von 90 Minuten pro Tag. Nicht berücksichtigt wurde bei dem Zeitaufwand der Zeitbedarf für die intravenöse Ernährung, da diese nach den Richtlinien als Behandlungspflege anzusehen sei. Mit Bescheid vom 26.01.2010 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung nach Pflegestufe II ab. Der für die Pflegestufe II erforderliche Zeitaufwand von mindestens zwei Stunden für die Grundpflege werde nicht erreicht. Somit seien die Voraussetzungen für Leistungen der Pflegestufe II nicht erfüllt.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Zeit für die parenterale Ernährung sei bei dem Zeitbedarf für die Grundpflege zu berücksichtigen. Die parenterale Ernährung sei der oralen Ernährung gleichzusetzen, zumal durch diese die Kalorienaufnahme erfolge. Darüber hinaus seien auch die D-Laktat-Azidosen bei dem Zeitbedarf für die Grundpflege unberücksichtigt geblieben. Zur Begründung verwies der Kläger auf Atteste des Kinder- und Jugendarztes Dr. H vom 17.12. und 28.12.2009.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung nach Aktenlage durch die Ärztin im MDK Dr. W . Die Gutachterin führte in ihrem Gutachten vom 22.02.2010 aus, der Mehrbedarf für zwei bis dreimal wöchentlich auftretende Azidosen sei anzuerkennen. Dieser sei wochendurchschnittlich täglich mit 10 Minuten zusätzlich zu berücksichtigen. Im Übrigen sei die parenterale Ernährung als Behandlungspflege anzusehen und damit nicht der Grundpflege zuzuordnen. Die Pflegekraft im MDK P wies in einem Gutachten vom 23.04.2010 ergänzend darauf hin, die parenterale Ernährung des Klägers sei keine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2010, zur Post gegeben per Postzustellungsurkunde am 04.06.2013, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Sie stellte fest, der Zeitaufwand zur Sicherung der Grundpflege erhöhe sich aufgrund der Feststellung der Ärztin im MDK Dr. W um zehn Minuten täglich, so dass dieser nunmehr 63 Minuten pro Tag wochendurchschnittlich betrage. Die Voraussetzungen für die Einstufung in die Pflegestufe II seien aber weiterhin nicht erfüllt.
Gegen den am 05.06.2010 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 05.07.2010 Klage erhoben.
Er hat vorgetragen: Unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 17.03.2005 (B 3 KR 8/04 R sowie B 3 KR 9/04 R) könne die parenterale Ernährung der Grundpflege und nicht der Behandlungspflege zugerechnet werden. Er habe insoweit ein Wahlrecht. Werde dieses Wahlrecht ausgeübt, indem Pflegegeld bei der Pflegekasse beantragt werde, zählten Leistungen der Behandlungspflege, die zur Aufrechterhaltung von Grund- und Vitalfunktionen notwendig seien, zum Bereich der Pflegeversicherung. Die Voraussetzungen für die Gewährungen von Leistungen nach der Pf...