Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeldes. verspätete Meldung. frühzeitige Arbeitsuche. befristetes Arbeitsverhältnis. Unkenntnis vom Beendigungszeitpunkt wegen geplanter Weiterbeschäftigung
Orientierungssatz
Eine schuldhafte Verletzung der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung des § 37b SGB 3 wegen der Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab liegt nicht vor, wenn der Arbeitslose den konkreten Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses nicht kannte, weil im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber bis kurz vor Ablauf der Befristung eine Weiterbeschäftigung geplant war.
Tenor
1. |
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Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 29.6.2006 - S 11 AL 145/05 - aufgehoben. |
Die Bescheide der Beklagten vom 17.1.2005 und 18.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.2.2005 und des Teilanerkenntnisses vom 29.6.2006 werden aufgehoben, soweit ein Minderungsbetrag von 910 € festgesetzt worden ist.
2. |
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Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. |
3. |
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Die Revision wird nicht zugelassen. |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) streitig.
Die Klägerin nahm vom 15.10.2001 bis zum 28.8.2003 an der Weiterbildungsmaßnahme "Leitung des Pflegedienstes und Aufgaben in der Krankenhausbetriebsleitung" teil. Sie meldete sich am 23.7.2003 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Außerdem bestätigte sie, das Merkblatt 1 für Arbeitslose (Stand: April 2003) erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Darin wird unter Abschnitt "1.7 Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche" (Seite 16) ausgeführt:
"Ab dem 1.7.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. ... Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis, müssen Sie sich 3 Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden.
Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führt."
Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 12.9.2003 Alg für die Zeit ab 29.8.2003. Durch Dienstvertrag vom 24.9.2003 wurde die Klägerin für die Zeit vom 1.10. bis zum 31.12.2003 befristet als Mitarbeiterin in der Pflegedienstleitung des K Klinikums ... eingestellt. Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 6.10.2003 die Bewilligung des Alg auf. Dabei wurde auf Folgendes hingewiesen:
"Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. ... Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis ..., müssen Sie sich 3 Monate vor dessen Beendigung arbeitsuchend melden.
Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe ihres zukünftigen Leistungsanspruchs führen kann."
Mit Änderungsvertrag vom 15.12.2003 wurde das Dienstverhältnis bis zum 31.12.2004 verlängert. Darüber hinaus war der Klägerin vom K Klinikum erklärt worden, dass sie für eine unbefristete Leitungsposition in der geplanten neuen Abteilung "ambulante Pflege" vorgesehen sei. Nachdem jedoch der Kostenträger des Klinikums im Dezember 2004 die Gründung dieser Abteilung abgelehnt hatte, wurde der Klägerin mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis nicht verlängert werden könne.
Die Klägerin meldete sich am 9.11.2004 erneut arbeitslos. Auf ihren gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung von Alg teilte die Beklagte mit Schreiben vom 17.1.2005 mit, dass sich der Anspruch um 1.050 € mindere. Die Klägerin hätte sich nicht spätestens am 30.9.2004, sondern erst am 9.11.2004 und damit um 39 Tage zu spät arbeitsuchend gemeldet hätte. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 18.1.2005 Alg ab 1.1.2005 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 92,73 € und setzte eine tägliche Minderung von 16,79 € fest. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11.2.2005 zurück.
Durch Teilanerkenntnis vom 29.6.2006 hat die Beklagten den Minderungsbetrag auf 910 € reduziert. Die darüber hinausgehende Klage hat das Sozialgericht Koblenz (SG) mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Die Klägerin habe sich nicht drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend gemeldet und sei damit ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen. Über ihre Obliegenheit habe sie die Beklagte sowohl durch das Merkblatt als auch den Aufhebungsbescheid vom 6.10.2003 informiert. Eine konkrete Aussicht auf Weiterbeschäftigung über den 31.12.2004 hinaus habe nicht bestanden.
Gegen das ihr am 14.8.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.8.2006 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, ein schuldhaftes Verhalten könne ihr nicht vorgeworfen werden. Sowohl der Pflegedirektor als auch der Personalleiter hätten ihr wiederholt versichert, dass der Dienstvertrag verlängert würde.
Die Klägerin beantragt,
das Urte...