Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Erstattungspflicht des Arbeitgebers. Befreiungstatbestand. Beschäftigungsdauer von weniger als 10 Jahren. Ermittlung der Beschäftigungszeiten in Konzernunternehmen. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
Die Regelungen des § 147a Abs 5 SGB 3, die der besonderen Verantwortung von Arbeitgebern im Konzern für den Eintritt der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer Rechnung tragen, greifen nicht, wenn eine AG eine GmbH & Co KG nicht durch Betriebsübergang oder Gesamtrechtsnachfolge übernommen hat, sondern lediglich als Kommanditist eingetreten ist. Die Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers bei der GmbH & CO KG sind daher - unabhängig von der individuellen Anrechnung der Betriebszugehörigkeit im Anstellungsvertrag - der AG bei der Ermittlung der Beschäftigungszeiten für den Befreiungstatbestand des § 147a Abs 1 S 2 Nr 1 Buchst b SGB 3 nicht zuzurechnen.
Nachgehend
Tenor
1. |
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Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 08.12.2005 - S 10 AL 229/03 - sowie der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2003 und die Bescheide vom 27.04.2004 und 18.05.2005 aufgehoben. |
2. |
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Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. |
3. |
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Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) und Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01. bis 30.11.2001 und vom 01.05. bis 31.05.2002 in Höhe von insgesamt 32.752,16 €.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin und war unter gleichem Namen Rechtsvorgängerin der r, - GmbH & Co. D KG (r GmbH & Co KG). Die Klägerin ist und die r GmbH & Co KG war ein Konzernunternehmen der M AG. Am 30.07.1998 übernahm die M AG die Einlagen der Kommanditisten der E K GmbH & Co KG (K-GmbH & Co KG) in Höhe von 30.000.000,- DM. Am gleichen Tag trat die D Beteiligungs-Aktiengesellschaft (D AG) an die Stelle der als persönlich haftenden Gesellschafterin der K-GmbH & Co KG beteiligten K Großhandels-GmbH, die jedoch als Kommanditistin mit einer Einlage von 89.000,- DM eintrat. Am 31.12.1998 schied die M AG als Kommanditistin aus der K-GmbH & Co KG aus und ihre Einlage in Höhe von 27.100.000,- DM ging im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf die D Beteiligungs AG & Co KG als Kommanditistin über. Die Einlage der M AG in Höhe von 2.900.000,- DM ging auf die Kommanditistin K Großhandels-GmbH über. Persönlich haftende Gesellschafter der D Beteiligungs AG & Co KG waren die P G-V mbH und die D AG sowie Kommanditistin die D Beteiligungsverwaltungs GmbH. Die M AG hielt jeweils weniger als 50 % der Anteile an der D AG und der D Beteiligungs AG & CO KG. Zwischen der Klägerin bzw. der r GmbH & Co. KG einerseits und der D Beteiligungs AG & Co. KG und der K-GmbH & Co. KG andererseits gab es zu keinem Zeitpunkt gesellschaftsrechtliche Verknüpfungen.
Der ... 1940 geborene H D (D) war vom 01.11.1987 bis zum 31.12.1998 bei der K-GmbH & Co KG beschäftigt. Am 22.01.1999 schloss er mit der Klägerin einen Anstellungsvertrag über eine Beschäftigung ab dem 01.01.1999 als leitender Angestellter (Vertriebsleiter) bei einem Jahresbruttogehalt von 214.500,- DM. Das Arbeitsverhältnis war mit einer Frist von 12 Monaten zum Monatsende schriftlich kündbar. Die Betriebszugehörigkeit seit dem 01.11.1987 wurde angerechnet. Seit dem 01.06.2002 erfüllte D die Voraussetzungen für die Gewährung einer gesetzlichen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.
Am 11.11.1999 erhielt D eine mündliche Kündigung zum 31.12.2000, da er nach Mitteilung seines Vorgesetzten kein Garant für die Umsetzung des Vertriebskonzepts sei. Am 09.12.1999 wurde ihm schriftlich zum 31.12.2000 gekündigt. Am 30.11.1999 schlossen D und die r GmbH & Co KG einen Abwicklungsvertrag, nach welchem das Arbeitsverhältnis aufgrund betriebsbedingter Kündigung des Arbeitgebers zum 31.12.2000 beendet und D ab dem 31.12.1999 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wurde. Im Übrigen wurde eine im Januar 2001 fällige Bruttoabfindung in Höhe von 243.764,- DM vereinbart und dass mit der Erfüllung dieses Abwicklungsvertrages alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Abwicklung erledigt seien. Den Parteien wurde der schriftliche Widerruf dieses Abwicklungsvertrages bis zum 08.12.1999 gestattet. Ein Widerruf erfolgte nicht.
Am 09.11.2000 meldete sich D bei der Beklagten arbeitslos. Er legte eine Arbeitgeberbescheinigung der Klägerin vom 12.01.2001 vor, nach welcher er seit dem 01.11.1987 bei ihr beschäftigt gewesen sei und in den 52 Wochen vor dem 01.01.2001 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 103.200,- DM erzielt habe. Mit Bescheid vom 09.03.2001 bewilligte die Beklagte D Alg ab dem 01.01.2001 für 960 Tage unter Berücksichtigung eines gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 1.980,- DM in Höhe von wöchentlich 744,73 DM. Außerdem ...