Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersetzung der fehlenden persönlichen Arbeitslosmeldung über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Eine fehlende persönliche Arbeitslosmeldung kann ausnahmsweise im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden, wenn eine persönliche Arbeitsuchendmeldung vorliegt.

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des SG Mainz vom 19.04.2007 - S 10 AL 296/04 - aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 31.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld auch für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 09.03.2004 zu gewähren.

2. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) bereits mit dem Eintritt von Arbeitslosigkeit ab dem 01.02.2004 zusteht.

Der 19 … geborene Kläger war zuletzt vom 01.01.2002 bis zu der vom Arbeitgeber am 30.10.2003 ausgesprochenen Kündigung zum 31.01.2004 versicherungspflichtig beschäftigt. Von dem Arbeitgeber wurde er darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes seines Beschäftigungsverhältnisses arbeitsuchend zu melden. Am 03.11.2003 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit Mainz arbeitsuchend und wurde zur Vorsprache bei der Arbeitsvermittlung am 13.11.2003 aufgefordert. Der Mitarbeiter der Beklagten R. P. hielt in einem Vermerk zu der Beratung vom 13.11.2003 fest, dass der Kläger sehr optimistisch sei, dass er erst gar nicht arbeitslos werde. Eine Hilfe von hier benötige er vorläufig nicht, das neue Jahr sei abzuwarten.

Am 10.03.2004 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte am 29.03.2004 die Gewährung von Alg. Die Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 31.03.2004 Alg ab dem 10.03.2004 nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 915,00 € und einem wöchentlichen Leistungssatz von 290,71 € für 360 Kalendertage. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass er sich unmittelbar nach Erhalt der Kündigung gemeldet habe. In dem auf die Meldung folgenden Beratungsgespräch sei ihm von dem Mitarbeiter der Beklagten bestätigt worden, dass er den Anforderungen fristgerecht entsprochen habe. Es sei ihm jedoch nicht mitgeteilt worden, dass er sich im Februar 2004 arbeitslos melden müsse. Die Beklagte wies den Widerspruch am 25.05.2004 zurück.

Am 13.09.2004 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf. Er bezog Alg bis zum 12.09.2004.

Der Kläger hat am 25.06.2004 Klage erhoben. Das Sozialgericht Mainz (SG) hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.04.2007 Herrn R. P. als Zeugen vernommen. Mit Urteil vom 19.04.2007 hat es die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Gewährung von Alg ab dem 01.02.2004 stehe dem Kläger nicht zu, da er sich vor dem 10.03.2004 nicht arbeitslos gemeldet habe. Seine Arbeitsuchendmeldung vom 03.11.2003 könne schon deshalb nicht als Arbeitslosmeldung angesehen werden, da nach der damaligen gesetzlichen Regelung eine Arbeitslosmeldung frühestens 2 Monate vor Eintritt der Arbeitslosigkeit zulässig gewesen sei. Die Fiktion einer Arbeitslosmeldung mit Hilfe eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei nicht möglich.

Gegen das ihm am 26.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am Dienstag nach Pfingsten, dem 29.05.2007, Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Beklagte habe es im November 2003 unterlassen, ihn auf die Notwendigkeit einer Arbeitslosmeldung zum Zwecke der Leistungsgewährung hinzuweisen. Für diesen Beratungsfehler habe die Beklagte einzustehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 19.04.2007 - S 10 AL 296/04 - aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 31.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis zum 09.03.2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Alg auch für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 09.03.2004 zu. Der Bescheid der Beklagten vom 31.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Anspruch auf Alg haben Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben (§ 117 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch ≪SGB III≫ in der Fassung ≪i.d.F.≫ des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes ≪AFRG≫ vom 24.03.1997, BG...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?