Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lässt sich nicht feststellen, dass ein Betrieb, der Facility Service und Facility Management anbietet, zu einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe von Betrieben iSv § 1 Abs 5 BaubetrV gehört, bei denen eine Einbeziehung in die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Schlechtwetterzeit nicht zu einer Belebung der wirtschaftlichen Tätigkeit oder zu einer Stabilisierung der Beschäftigungsverhältnisse der von saisonbedingten Arbeitsausfällen betroffenen Arbeitnehmer führt.
Orientierungssatz
Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit (AL) - Einstweiliger Rechtsschutz - Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage - Winterbeschäftigungs-Umlage - Facility Service und Facility Management
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 18. August 2023 wird dahingehend berichtigt, dass der Tenor betreffend die Kosten wie folgt lautet: „Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.“
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 33.900 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen ihre Heranziehung zur Winterbeschäftigungs-Umlage.
Ihr Betrieb gehört nach ihrer Darstellung zur Branche „Facility Service und Facility Management“. Als Gegenstand ihres Unternehmens wurde am 12. August 2014 ins Handelsregister eingetragen: „Vergabe von Bauleistungen, insbesondere Sanierung von Gebäuden und Bestandspflege von Gebäuden sowie eigenständige Ausführung von Dachdecker-, Installateur-, Heizungsbau- und Elektrotechniker-Arbeiten“ (Amtsgericht T., Aktenzeichen HRB 2...). Im Jahr 2020 wurde als neuer Unternehmensgegenstand erfasst: „Erbringung von kaufmännischen und telefonischen Dienstleistungen, einschließlich des Betriebes einer Servicezentrale, insbesondere - aber nicht ausschließlich - einer Telefonzentrale zur Annahme von Anrufen, technischen Verarbeitung von Meldungen, Erteilung von Aufträgen sowie Organisieren von Prozess-Abläufen wie Tourenplanung und Notdienst-Regelungen“. Bei der Stadt Bad A. als zuständiger Gewerbebehörde waren bis Mai 2021 neben der auch danach weiterhin angemeldeten Tätigkeit „Erbringung von kaufmännischen und telefonischen Dienstleistungen […]“ u.a. folgende Tätigkeiten angemeldet: „Vergabe von Bauleistungen […] sowie eigenständige Ausführung von Dachdecker-, Installateur-, Heizungsbau- und Elektrotechniker-Arbeiten“.
Mit zwei Schreiben vom 3. und 4. November 2021 wandte sich die Antragsgegnerin an die Antragstellerin. In beiden Schreiben führte sie aus, die Antragstellerin habe die Winterbeschäftigungs-Umlage über die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft - Einzugsstelle (ULAK) abzuführen, sei jedoch ihrer Verpflichtung zur monatlichen Meldung bzw. Zahlung einschließlich ggf. bereits fälliger Säumniszuschläge nicht nachgekommen. Die im Folgenden monatsweise aufgeschlüsselten Forderungen seien ihr zur Durchführung des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens gemeldet worden. Sowohl für das Jahr 2017 (Schreiben vom 3. November 2021) als auch für das Jahr 2018 (Schreiben vom 4. November 2021) bezifferte die Antragsgegnerin die Forderungen auf jeweils 67.800 € zzgl. einer Mahngebühr i.H.v. 150 €.
Mit ihren Widersprüchen gegen diese Schreiben machte die Antragstellerin geltend, sie sei nicht zu der Umlage heranzuziehen. Dazu könne nur verpflichtet werden, wer auch selbst gefördert werden könne. Dies sei bei ihr nicht der Fall. Es sei zwar unstreitig, dass sie nicht arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten eines Ausnahmegewerks verrichte. Maßgeblich sei aber die Ausnahmeregelung in § 1 Abs. 5 Baubetriebe-Verordnung (BaubetrV). Diese greife für die Branche „Facility Service und Facility Management“. Insoweit sei darauf abzustellen, ob sich innerhalb eines grundsätzlich förderungsfähigen Wirtschaftszweigs in nennenswertem Umfang witterungsunabhängige Spezialbetriebe entwickelt hätten, die keiner Förderung bedürften. Es gebe - nach ihrer Kenntnis - kein Unternehmen der Branche, das die Wintergeld-Umlage zahle, und kein Unternehmen, das je Saison-Kurzarbeitergeld beantragt habe, weil es die dafür notwendigen saisonalen Schwankungen des Arbeitsaufkommens strukturell nicht geben könne. Schon die Zugehörigkeit zur Baubranche sei strittig. Man verstehe sich traditionell in Abgrenzung dazu. Keiner der Arbeitnehmer arbeite „auf einer Baustelle“. Dementsprechend sei man in einem eigenständigen Verband organisiert, der German Facility Management Association; diese sei der Branchenverband des Facility-Managements.
Weiter führte die Antragstellerin aus, ihr Geschäftsmodell sei ein anderes als bei klassischen Bauunternehmen. Die Branche bestehe aus Unternehmen und Betrieben, die überwiegend kontinuierliche Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten in einem unternehmenseigenen oder mit dem Unternehmen und dem Eigentümer vertraglich definierten Wohnungsbestand verrichteten, ohne Leistung...