Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. GmbH-Geschäftsführer. Kapitalbeteiligung. Sperrminorität. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl BSG vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R = SozR 4-2400 § 7 Nr 28). Stimmbindungsverträge stellen rein schuldrechtliche Vereinbarungen dar.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. Dezember 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist noch umstritten, ob der Kläger die seit dem 21. November 2011 ausgeübte Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.

Der am ... 1988 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 2005 bis zum 31. Juli 2008 eine Lehre zum Brauer, war anschließend bis zum 30. August 2009 als Brauer beschäftigt und ist seit dem 13. November 2009 als "Gastronomischer Mitarbeiter" bei der Beigeladenen zu 1. tätig.

Die Beigeladene zu 1. wurde am 8. Juni 2009 von C. I.-S. und vom Kläger gegründet. Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wurde der Vater des Klägers, H. S., bestellt. Als Gegenstand des Unternehmens ist das Betreiben eines Gastronomiebetriebes benannt. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 25.000,00 EUR und wurde bei Gründung in den Geschäftsanteil zu 1. in Höhe 22.500,00 EUR, Übernehmer C. I.-S., und den Geschäftsanteil zu 2. in Höhe von 2.500,00 EUR, Übernehmer der Kläger, aufgeteilt (§ 3 Ziffer 1 und 2 der Satzung, auf die in der Gründungsurkunde als Anlage Bezug genommen wird). Wegen der weiteren Einzelheiten des notariellen Gründungsvertrages vom 8. Juni 2009 wird auf Blatt 55 bis 60 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 18. März 2010 stellte die Beigeladene zu 3. fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als beschäftigter Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. versicherungspflichtig zu allen Zweigen der Sozialversicherung sei. Aufgrund der Verteilung der Stammeinlagen der Gesellschaft sei der Kläger an die Weisungen der Gesellschafter gebunden und könne seine Tätigkeit nicht frei bestimmen. Auch bei der Führung des Betriebes wirke er nicht mit.

Mit dem notariell beurkundeten Vertrag vom 15. Juni 2011 wurde u.a. der Geschäftsanteil 1. der C. I.-S. in Höhe von 22.500,00 EUR in einen Geschäftsanteil zu 10.000,00 EUR (Geschäftsanteil 3.) und in einen Geschäftsanteil zu 12.500,00 EUR (Geschäftsanteil 4.) aufgeteilt, wobei der Geschäftsanteil 3. zu 10.000,00 EUR an die A. GmbH & Co. KG veräußert wurde. Komplementär der A. GmbH & Co. KG ist die I. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist. Kommanditist der A. GmbH & Co. KG ist ebenfalls der Prozessbevollmächtigte des Klägers. In der Gesellschafterversammlung vom 15. Juni 2011 wurde unter § 8 "Gesellschafterbeschlüsse" zu Ziffer 1 festgelegt, dass die Gesellschafterbeschlüsse mit einer Mehrheit von 75 Prozent der abgegebenen Stimmen gefasst werden, sofern nicht das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorschreibe. Abgestimmt werde nach dem Nennbetrag der Stammeinlagen. Je 1 EUR eines Geschäftsanteils gewähre eine Stimme. Für jeden Geschäftsanteil könne nur einheitlich abgestimmt werden (Ziffer 2 von § 8). Zudem wurde der Geschäftsführer H. S. abberufen und zum neuen Geschäftsführer wurde der Kläger berufen. Dieser sei stets alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) befreit. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 12 und 13 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Unter dem 20. Juni 2011 schloss die Beigeladene zu 1. mit dem Kläger einen Geschäftsführeranstellungsvertrag. Danach beginne der Vertrag am 20. Juni 2011 und werde auf unbestimmte Dauer abgeschlossen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages). Die Kündigung des Vertrages bedürfe der Schriftform (§ 2 Abs. 2 Satz 1). Der Geschäftsführer werde seine gesamte Arbeitskraft und alle seine fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten ausschließlich der Gesellschaft widmen (§ 1 Abs. 3 Satz 1). Er erhalte als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt in Höhe von brutto 16.172,64 EUR, welches in zwölf gleichen Raten am Ende eines jeden Monats gezahlt werde (§ 3 Abs. 1). Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit, die ...

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