Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. selbst genutztes Hausgrundstück. Berücksichtigungsfähigkeit von Kanalanschlussbeiträgen als Unterkunftsbedarf. erstmalige Fälligkeit während des Leistungsbezugs. Nichtberücksichtigung von Altforderungen. Schulden
Leitsatz (amtlich)
Kanalanschlusskosten gehören bei selbstgenutzten Hausgrundstücken dem Grunde nach zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung der Unterkunft verbunden sind. Daher ist ein Kanalanschlussbeitrag bei den KdUH zu berücksichtigen, wenn er während des Leistungsbezugs entstanden, dh erstmalig fällig geworden ist. Bestehende (fällige) Verbindlichkeiten, die aus früheren Zeiten stammen und bereits vor dem SGB II-Leistungsbezug erstmalig fällig waren, sind Schulden und keine Aufwendungen iSv § 22 Abs 1 SGB II.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); es geht um die Übernahme der Restforderung aus einem Beitragsbescheid aus dem Jahr 1998 für den Anschluss eines Eigenheims an den Abwasserkanal.
Der 1955 geborene Kläger und die 1959 geborene Klägerin sind miteinander verheiratet und bewohnen ein Eigenheim in Z., einem Ortsteil von K.. Seit 2005 bezogen sie SGB II-Leistungen. Mit Änderungsbescheid vom 27. Dezember 2012 bewilligte der Beklagte für das erste Halbjahr 2013 vorläufige Leistungen. Monatlich gelangten Beträge zwischen 766 € und 828 € zur Auszahlung. Zum Regelbedarf traten wechselnde Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH). Für die zweite Jahreshälfte 2013 wurden wieder vorläufige Leistungen mit monatlichen Zahlbeträgen zwischen 803 € und 843 € bewilligt.
Mit Bescheid vom 13. Mai 1998 „über die Abrechnung von Anschlussbeiträgen“ setzte der Abwasserverband K. (im Weiteren: AV) auf der Grundlage seiner Satzung sowie des Kommunalabgabengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KAG-LSA) für das Eigenheimgrundstück den Beitrag für die Herstellung des Kanalanschlusses auf 3.360 DM fest. Zur „Fälligkeit“ war ausgeführt, der Betrag sei innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids auf ein Konto des AV zu überweisen. Mit Schreiben vom 10. Juni 1998 beantragten die Kläger beim AV die Stundung des Beitrags für ein Jahr und begründeten dies mit ihrer Langzeitarbeitslosigkeit. Mit Bescheid vom 22. Juni 1998 stundete der AV den Anschlussbeitrag gegen Stundungszinsen von 6% (201,60 DM) bis zum 30. Juni 1999.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2013 beantragen die Kläger beim Beklagten die „Übernahme der Erhaltungskosten“ in Form der Restforderung aus dem Kanalanschlussbeitrag von 706,03 €. Beigefügt war ein Stundungs- und Zinsfestsetzungsbescheid des AV vom 2. Juni 2010, mit dem ein Gesamtbetrag von 706,03 € bis zum 31. Januar 2013 gestundet wurde. Der dann fällige Gesamtbetrag setzte sich zusammen aus dem Anschlussbeitrag Schmutzwasser vom 13. Mai 1998 von noch 542,77 € und Säumniszuschlägen in einer Gesamthöhe von 163,26 €. Weiter legten die Kläger u.a. Teile der Mitteilung über die Eintragung einer Sicherungshypothek über 1.583,07 € zugunsten des AV in das Grundbuch am 4. Juni 2003 vor.
Mit Bescheid vom 5. August 2013 lehnte der Beklagte die Übernahme des Restbetrags des Anschlussbeitrags und hilfsweise die Gewährung eines Darlehens gemäß § 22 Abs. 8 SGB II ab. Zur Begründung führte er aus, es handele sich um eine Zahlungsverpflichtung aus zurückliegenden Zeiträumen, die keine laufenden Kosten der Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II oder Instandhaltungs- und Reparaturkosten im Sinne von § 22 Abs. 2 SGB II darstellten. Es handele sich um Schulden, für deren Tilgung ein Darlehen gewährt werden könne, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sei. Die bestehende Restschuld von 542,77 € habe jedoch keinen unmittelbaren Einfluss auf die Wohnverhältnisse der Kläger. Es sei nur eine Sicherungsgrundschuld eingetragen worden. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seien nicht angedroht worden.
Im dagegen am 5. September 2013 eingelegten Widerspruch führten die Kläger aus, sie seien verpflichtet gewesen, ihr Haus an den Abwasserkanal anschließen zu lassen. Daher müssten KdUH-Leistungen gemäß § 22 Abs. 1 und 2 SGB II gewährt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Leistungen könnten nicht gewährt werden. Der Anschlussbeitrag sei bereits 1998 fällig gewesen. Im Juni 2003 sei die Sicherungshypothek über 1.583,07 € zugunsten des AV eingetragen worden. Im Juli 2010 sei die Zahlung des Betrags angemahnt worden. Da es sich um Schulden handele, scheide eine Übernahme im Rahmen der laufenden KdUH aus. Eine Darlehensgewährung sei nicht möglich, da die Unterkunft der Kläger nicht gefährdet sei.
Am 11. Februar 2014 haben die Kläger beim Sozialgericht ...