Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Dienstreise. sachlicher Zusammenhang. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Körperreinigung. Klassenfahrt. Duschen. Fortsetzung der versicherten Tätigkeit
Orientierungssatz
Eine Grundschullehrerin, die ca drei Stunden nach einer Wanderung im Rahmen einer Klassenfahrt in den Duschräumen verunglückt, steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, auch wenn sie daran anschließend die versicherte Tätigkeit (Beaufsichtigung und Betreuung der Schulkinder) wieder fortgesetzt hat.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 16. Oktober 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfalls.
Die am 1948 geborene Klägerin ist als Grundschullehrerin beim Land S.-A. beschäftigt. In der Zeit vom 23. bis zum 27. September 2002 führte sie mit 17 Kindern der 2. Klasse der Grundschule D.-Z. (10 Jungen und 7 Mädchen) eine als Dienstreise genehmigte Klassenfahrt in das Schullandheim D.-M. durch. Begleitet wurde sie von der pädagogischen Mitarbeiterin G.T.. Am Anreisetag unternahm die Klasse eine Wanderung. Nach ihrer Rückkehr gegen 18.00 Uhr duschten die Kinder von ca. 18.30 bis 19.30 Uhr in den jeweiligen - auch für die Erwachsenen zur Verfügung stehenden - Duschräumen für Mädchen und Jungen mit je zwei Duschplätzen (geflieste rechtwinklige Wand mit gefliestem Fußboden, etwa 10 cm hoher gemauerter Umrandung je Duschplatz, ohne einzelne Duschwände, Vorhänge oder Haltegriffe sowie mit an der Wand befestigten abnehmbaren Handbrausen). Im Anschluss hieran deckten Kinder und Betreuer das vom Personal des Schullandheims vorbereitete und in den Kühlschrank gestellte Abendessen ein. Personal des Schullandheims war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anwesend. Nach Beendigung des Abendessens duschte zunächst Frau T.. Anschließend begaben sich die Kinder in die jeweiligen Schlafräume.
Gegen 20.45 Uhr ging dann die Klägerin in die außerhalb des Schullandheims in einem gesonderten Gebäude untergebrachten Dusch- und Toilettenräume. Als sie in der Mädchendusche duschen wollte, rutschte sie in einem Duschplatz auf noch vorhandenen Duschresten aus, stürzte über die gemauerte Umrandung und knickte mit dem rechten Fuß um. Am 24. September 2002 um 7.50 Uhr stellte sie sich in der durchgangsärztlichen Gemeinschaftspraxis Dr. G., Dipl.-Med. B. und Dr. o. d. H. vor. Im Durchgangsarztbericht vom 25. September 2002 sind als Diagnosen eine Fissur des medialen Malleolus rechts (Haarriss im mittleren Knöchel), eine Fraktur (Bruch) des 2.-4. Mittelfußknochens rechts sowie eine Fußwurzelfraktur rechts vermerkt. Es liege eine deutliche Schwellung im Bereich des rechten Fußes mit Schmerzhaftigkeit im Mittelfuß und Fußwurzelbereich vor. Arbeitsunfähigkeit bestehe voraussichtlich für acht Wochen.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 23. September 2002 als Arbeitsunfall ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Zum Unfallzeitpunkt sei die Klägerin einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit nachgegangen, die nicht im Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit als Lehrerin gestanden habe. Die Körperpflege, einschließlich das Duschen, sei dem privaten Lebensbereich zuzuordnen und falle nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Da die Klägerin zum Unfallzeitpunkt somit eine unversicherte Tätigkeit ausgeübt habe, die rechtlich wesentlich zur Verletzung geführt habe, könnten keine Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erbracht werden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22. Oktober 2002 Widerspruch. Der Unfall habe sich in Ausübung einer genehmigten Dienstreise ereignet. Das Duschen um 20.45 Uhr sei (witterungsbedingt) notwendige Voraussetzung gewesen, um sich wieder in einem Zustand zu versetzen, der die weitere Beaufsichtigung und Betreuung der Kinder in den späten Abend- und Nachtstunden gewährleistet habe. Mit Schreiben vom 6. November 2002 ergänzte sie ihren Widerspruch und führte aus, der 23. September 2002 sei ein kalter und regnerischer Tag gewesen. Während der Wanderung habe sich der anfängliche Nieselregen verstärkt; Kinder und Betreuer seien durchnässt und durchgefroren ins Schullandheim zurückgekehrt. Um Erkältungen vorzubeugen seien zunächst - in mehreren Gruppen und unter Aufsicht - die Kinder geduscht worden. Aus dem gleichen Grund hätten anschließend Frau T. und dann sie selbst geduscht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Während ihres Aufenthalts am Ort der Klassenfahrt sei die Klägerin nicht bei allen Verrichtungen versichert gewesen. Der Duschvorgang, der zum Gesundheitsschaden geführt habe, sei als eigenwirtschaftlicher Akt anzuse...