Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung: Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. Anlageleiden. wesentliche Teilursache. Lendenwirbelsäulenverletzung. Krankenschwester

 

Orientierungssatz

Hat sich im Zusammenhang mit einem Unfallereignis eine bereits zuvor angelegte Gesundheitsbeeinträchtigung manifestiert, so fehlt jedenfalls dann ein für die Annahme eines Arbeitsunfalls im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlicher Gesundheitsschaden, wenn der anlagebedingten Gesundheitsbeeinträchtigung (hier: Schädigung der Wirbelsäule) gegenüber dem Unfallereignis (hier: Verheben) für das nach dem Unfall gegebene Schadensbild überragende Bedeutung zukommt.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Ereignis einen Arbeitsunfall darstellt.

Die damals 45jährige Klägerin begab sich am 6. November 2006 in die Behandlung des Durchgangsarztes G. und gab dort an, sie habe am 23. Oktober 2006 in ihrer Tätigkeit als Krankenschwester mit einer Kollegin einen Patienten aus dem Bett hochziehen wollen. Der Patient habe sich aber am Bettgitter festgehalten. Sie leide jetzt unter Schmerzen der Lendenwirbelsäule, die in das linke Bein ausstrahlten. Sie habe nach dem Vorfall zunächst weiter gearbeitet. Der Arzt erhob die Befunde einer steil gestellten Lendenwirbelsäule, eines Druckschmerzes am Übergang von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein, einer Bewegungseinschränkung in allen Ebenen, einer angedeuteten Gefühlsverminderung im linken Bein und seitengleicher Eigenreflexe. Die Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule in zwei Ebenen ergab einen steil gestellten Übergang von der Lenden- zur Brustwirbelsäule und eine geringe Seitabweichung nach links. Die Diagnose lautete auf ausstrahlenden Lendenwirbelsäulenschmerz (Lumboischialgie) mit Blockierung.

In der Unfallanzeige der Harz-Klinikum W. GmbH vom 11. November 2006 ist mitgeteilt, die Klägerin habe am 23. Oktober 2006 bei der abendlichen Patientenpflege gemeinsam mit einer Kollegin einen Patienten im Bett hochziehen wollen. Während des Vorgangs habe sich der Patient unerwartet an ihrer Seite am Bettgitter festgehalten. Dadurch sei der ursprüngliche Bewegungsablauf ruckartig unterbrochen worden. Es seien sofort Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich mit Ausstrahlung ins linke Bein aufgetreten.

Nach einem MRT vom 8. November 2006 zeigte sich eine absolute Einengung des Rückenmarkkanals im Bereich zwischen der Lendenwirbelsäule und dem Kreuzbein mit zusätzlicher frischerer Bandscheibenvorwölbung im inneren seitlichen Bereich links und einer Einengung des Subarachnoidalraums und im Wirbelloch links mit Berührung der Nervenwurzel L5. Die Facettengelenke waren vergrößert (hypertrophiert). Der Chirurg G teilte unter dem 5. Dezember 2006 mit, nach dem Ergebnis des MRT sei die Patientin einem Neurochirurgen vorgestellt worden, der Folgeschäden einer Verletzung ausgeschlossen habe. Die Heilbehandlung zu Lasten der Beklagten sei am 29. November 2006 beendet worden. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zum 15. Dezember 2006 an.

Durch die Krankenkasse der Klägerin wurde der Beklagten eine weitere Arbeitsunfähigkeit vom 22. bis 25. Mai 2007 gemeldet, die nach der beigefügten Einschätzung der behandelnden Orthopädin Nartschik vom 22. Juni 2007 auf der gleichen Erkrankung beruhte. Die Diagnose wurde mit Ischiasschmerz (M 54.3 der ICD 10) gestellt. Die Behandlung dort dauerte bis zum 30. Mai 2007 an.

In einem Befundbericht vom 25. Oktober 2007 teilte der Neurochirurg Wienecke mit, nach der Behandlung gegen Jahresende 2006 sei es in der Folgezeit zunächst zu einer Besserung der Schmerzsymptomatik gekommen. Im Frühsommer 2007 seien verstärkte Schmerzen aufgetreten, die von der Lendenwirbelsäule links über das Gesäß in den hinteren und seitlichen Ober- und Unterschenkel bis in den Spann und die Außenseite des Fußes ausstrahlten. Ein erneutes MRT der Lendenwirbelsäule vom 9. Juli 2007 habe eine Gewebeabsonderung (Sequestrierung) des Vorfalls nach unten gezeigt. Es seien Paresen der Fußheber und der Gesäßmuskulatur links sowie eine Gefühlsminderung bei L 5 links zu erheben gewesen. Das Lasèguesche Zeichen sei links bei 45 Grad positiv gewesen. Am 13. Juli 2007 sei eine erweiterte Fensterung zwischen den Wirbelplatten bei L 5/S 1 links vorgenommen, der Sequester entfernt und der Zwischenwirbelraum zur Rückfallvorbeugung ausgeräumt worden. Nach stationärer Behandlung vom 12. bis 21. Juli 2007 und einer stationären Rehabilitation habe er die Klägerin zuletzt am 20. September 2007 ambulant untersucht. Über Schmerzen im Zusammenhang mit einer Nervenwurzelreizung habe die Klägerin nicht mehr geklagt, dafür aber über bandförmige Schmerzen im unteren Lendenwirbelsäulen- und Kreuzbeinbereich. Die Paresen und Sensibilitätsstörungen seien nach Darstellung der Klägerin rückläufig und objektiv gebessert gewesen.

Die Beklagte holte eine beratende Stellungnahme von Dr. L. vom 11. Dezem...

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