Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Anrechnung von Ehegatteneinkommen. Freibetrag. Unterhaltsverpflichtung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die ausschließliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen aufgrund rechtlicher Verpflichtung nach § 138 Abs 1 S 3 idF vom 21.12.1993 ist nicht verfassungswidrig.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.03.2001; Aktenzeichen B 7 AL 26/00 R)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und in welcher Höhe die Klägerin für den Zeitraum vom 9. November 1996 bis zum 17. Februar 1997 Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat.

Die 1959 geborene Klägerin absolvierte nach dem Schulbesuch in den Jahren 1978 und 1979 eine Ausbildung zur Agrotechnikerin, die sie mit dem Facharbeiterbrief abschloß. Bis zum 31. Dezember 1992 war sie als Facharbeiterin für Agrotechnik in Eisleben beschäftigt. Am 1. Januar 1993 wurde sie arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld bis zum 31. Dezember 1993. Ab dem 2. Mai 1994 nahm die Klägerin an einer von der Beklagten geförderten beruflichen Bildungsmaßnahme teil und wurde zur Werbekauffrau umgeschult. In einem Gutachten vom 25. Mai 1994 stellte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. med. M vom arbeitsamtsärztlichen Dienst fest: Die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin sei aufgrund von Kreislaufschwierigkeiten und Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule eingeschränkt. Ein Einsatz im zuletzt ausgeübten Beruf solle vermieden werden. Am 10. Januar 1996 schloß die Klägerin die Umschulung erfolgreich mit der vorzeitigen Abschlußprüfung vor der Industrie- und Handelskammer ab. Während der Teilnahme an der beruflichen Bildungsmaßnahme erhielt die Klägerin Unterhaltsgeld. Ab dem 11. Januar 1996 bezog sie Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer am 8. November 1996. Grundlage der Berechnung des Bemessungsentgelts für das jeweilige Arbeitslosen- bzw. Unterhaltsgeld war das während der Berufstätigkeit als Agrotechnikerin zuletzt erzielte Arbeitsentgelt, das mehrfach auf zuletzt 640,00 DM angepaßt wurde.

Die Klägerin ist seit dem 8. April 1993 in zweiter Ehe verheiratet und führt mit ihrem Ehemann einen gemeinsamen Haushalt. In diesem leben auch die beiden Kinder der Klägerin aus ihrer ersten Ehe, der am 7. Oktober 1981 geborene Sohn S und die am 20. Juli 1984 geborene Tochter D. Der geschiedene Mann der Klägerin und Vater der beiden Kinder ist aufgrund eines im Juni 1989 vor dem Kreisgericht Eisleben geschlossenen Unterhaltsvergleichs zur Zahlung von Unterhalt in Höhe von 125,00 DM pro Kind monatlich verpflichtet. Er leistet hierauf nur Zahlungen in Höhe von 100,00 DM für jedes Kind monatlich, die nach Angaben der Klägerin in den letzten Jahren regelmäßig erfolgten. Laut einer Auskunft des Jugendamtes des Landkreises Mansfelder Land vom 6. August 1998 ist der frühere Ehemann der Klägerin seiner jetzigen Frau und einem weiteren minderjährigen Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet. Sein Einkommen liege nur geringfügig über dem Selbstbehalt; der Versuch, höhere Unterhaltszahlungen durchzusetzen, sei nicht erfolgversprechend. Zahlungen des Jugendamtes für die beiden Kinder nach dem Unterhaltsvorschußgesetz werden nicht mehr geleistet. Eine schriftliche Verpflichtung des jetzigen Ehemanns der Klägerin zur Zahlung von Unterhalt für seine Stiefkinder existiert nicht. Er hat sich nach den Angaben der Klägerin aber mündlich anläßlich der Heirat ihr gegenüber bereit erklärt, für die Kinder aufzukommen, sofern und soweit sie nicht selber für diese sorgen könne. Im Rahmen der bestehenden Haushaltsgemeinschaft werden die beiden Kinder voll versorgt. Die steuerlichen Kinderfreibeträge für die Jahre 1996 und 1997 für die beiden Kinder hatten die Klägerin und ihr früherer Mann untereinander aufgeteilt. Die der Klägerin wegen ihrer Kinder zustehenden Steuerfreibeträge für die Jahre 1996 und 1997 wurden auf den Steuerkarten ihres Ehemanns eingetragen, der in der Steuerklasse III eingestuft war. Auf den Steuerkarten der Klägerin für die Jahre 1996 und 1997 war die Steuerklasse V eingetragen.

Am 6. November 1996 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Dabei gab sie an, keine körperlich schwere Arbeit mehr verrichten zu können. Dem Antrag waren Verdienstbescheinigungen des Ehemanns für die Monate vor der Antragstellung beigefügt. Als einkommensmindernde Aufwendungen ihres Ehemanns gab die Klägerin an: Monatlich jeweils 35,45 DM für Unfall- und 150,00 DM für Lebensversicherung; jährlich 380,00 DM für private Krankenzusatzversicherung, 89,20 DM für Haftpflicht- und 714,30 DM für die Kfz-Haftpflichtversicherung. Durch das Arbeitsverhältnis bedingte, von ihm getragene Aufwendungen (Werbungskosten) oder sonstige besondere Aufwendungen hatte der Ehemann der Klägerin nicht. Aus während des Berufungsverfahrens von der Klägerin vorgelegten Verdienstbescheinigungen ihres Ehemanns ergibt sich, dass dieser in den Monaten November 1996 bis Februar 1997 jeweils nach Herausrechnung des vom Arbeitgeber gezahlten Kilometergeldes...

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