Entscheidungsstichwort (Thema)

Landesblindengeld Sachsen-Anhalt. Aufenthalt in einer stationären Einrichtung. Kürzung nur bei Pflegeleistungen in fremdbestimmter Pflegesituation. keine Minderung bei Aufenthalt im Internat des Landesbildungszentrums für Blinde

 

Leitsatz (amtlich)

Die Halbierung des Blindengeldes gem § 3 Abs 1 BliGG ST aF (gültig bis zum 31. Dezember 2013) setzt eine fremdbestimmte Pflegesituation des Blinden voraus. Dies ist bei einem Internatsaufenthalt zur Erlangung einer schulischen und beruflichen Ausbildung nicht der Fall und daher das ungekürzte Blindengeld zu zahlen.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Februar 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2012 werden aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die Bescheide vom 7. Dezember 2006, vom 31. August 2007, vom 8. Januar 2008, vom 4. Februar 2008, vom 7. Mai 2008, vom 9. September 2008, vom 3. Dezember 2008, vom 20. Mai 2009, vom 2. September 2009, vom 13. Januar 2010, vom 9. Februar 2010, vom 3. Juni 2010, vom 16. September 2010, vom 18. Januar 2011, vom 7. September 2011 und 2. November 2012 abzuändern und dem Kläger von Januar 2008 bis Juni 2012 Blindengeld in voller Höhe unter Anrechnung des bereits für diesen Zeitraum gezahlten Blindengeldes zu zahlen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

In einem Überprüfungsverfahren ist zwischen den Beteiligten der Anspruch auf ein ungekürztes Blindengeld nach dem Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld im Land Sachsen-Anhalt (LBliGG LSA) für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 umstritten.

Der am ... 1986 geborene Kläger wurde nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1987 von seiner Großmutter aufgezogen, die für ihn Ende 1992 den ersten Blindengeldantrag beim Beklagten stellte. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 19. Januar 1993 abgelehnt. Auf einen Folgeantrag vom 3. Dezember 1996 nahm der Beklagte medizinische Ermittlungen auf, die der Facharzt für Augenheilkunde Dr. habil. M. auswertete und beim Kläger seit 1993 eine hochgradige Sehbehinderung feststellte. Mit Bescheid vom 21. Januar 1997 bewilligte der Beklagte daraufhin Blindengeld in Höhe von 30,00 DM ab Januar 1997 und kündigte für die Vergangenheit entsprechende Nachzahlungen an. Mit weiterem Bescheid vom 10. Februar 1997 erhöhte der Beklagte das Blindengeld wegen einer Gesetzesänderung auf monatlich 80,00 DM ab Januar 1997. Mit Bescheid vom 9. Juli 1998 hob der Beklagte den Bescheid vom 19. Januar 1993 auf und bewilligte ab Januar 1994 bis November 1996 Blindengeld in Höhe von monatlich 30,00 DM.

Am 1. August 2006 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag und wies gleichzeitig auf seinen weiteren Wohnsitz im Landesbildungszentrum für Blinde in H. hin. Der Beklagte nahm medizinische Ermittlungen sowie Erkundigungen bei der Bildungseinrichtung vor. Mit Schreiben vom 28. August 2006 teilte das Landesbildungszentrum für Blinde in H. mit, dass die monatlichen Internatskosten 3.290,23 EUR betragen würden. Pro Abwesenheitstag seien 2,56 EUR für Verpflegung abzuziehen. Kostenträger sei die Landeshauptstadt M ... Im Internat würden fürsorgliche Betreuungs- und Freizeitleistungen angeboten. Mit Bescheid vom 19. September 2006 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung ab. Auf das Widerspruchsschreiben vom 11. November 2006 erfolgte ein Abhilfebescheid vom 7. Dezember 2006, nach dem ab August 2006 wegen Blindheit Blindengeld in Höhe von 175,00 EUR bewilligt wurde. Da der Kläger auch im Internat des Landesbildungszentrums für Blinde in H. wohne und die Unterbringungskosten vom Sozialamt übernommen würden, werde der monatliche Anspruch auf 175,00 EUR statt 350,00 EUR gekürzt.

Nachdem der Kläger lediglich zeitweise wegen Ferien oder Erkrankung im Internat des Landesbildungszentrums für Blinde wohnte, hatte er diverse Anträge auf Teilaufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 2006 gestellt und entsprechende Nachzahlungen des Beklagten veranlasst (Bescheid vom 31. August 2007 für den Zeitraum vom 18. Juli bis 27. August 2007 (Nachzahlung: 239,16 EUR); Bescheid vom 8. Januar 2008 für den Zeitraum vom 21. Dezember 2007 bis 06. Januar 2008 (Nachzahlung: 99,16 EUR); Bescheid vom 4. Februar 2008 für den Zeitraum vom 22. Oktober bis 2. November 2007 (Nachzahlung: 70,00 EUR); Bescheid vom 7. Mai 2008 für den Zeitraum vom 7. März bis 6. April 2008 (Nachzahlung: 180,84 EUR); Bescheid vom 9. September 2008 für den Zeitraum vom 28. April bis 28. Mai 2008 und 10. Juli 2008 bis 20. August 2008 (Nachzahlung: 425,84 EUR); Bescheid vom 3. Dezember 2008 für den Zeitraum vom 10. Oktober bis 26. Oktober 2008 (Nachzahlung: 99,16 EUR); Bescheid vom 20. Mai 2009 für den Zeitraum vom 23. März bis 15. April 2009 (Nachzahlung: 116,66 EUR); Bescheid vom 2. September 2009 für den Zeitraum vom 22. Juni bis 3. August 2009 (Nachzahlung: 245,00 EUR); Bescheid vom 13. Januar 2...

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