Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilweise Aufhebung eines Bescheides über die Gewährung einer Witwerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen unterbliebener Anrechnung einer Altersrente. unzutreffende Angabe des Witwerrentenbeziehers in einem Vordruck über Veränderungen in den Einkommensverhältnissen. subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff. Kenntnis des Witwerrentenbeziehers über die Anrechnungsvorschriften bei Renten wegen Todes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit, die ein gesteigertes Verschulden voraussetzt, ist kein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und das Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles abzustellen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: stRspr des BSG, vglBSG vom 8.2.2001 - B 11 AL 21/00 R = SozR 3-1300 § 45 Nr 45).

2. Der Umstand, dass vorhandenes bzw nicht vorhandenes Einkommen die Höhe seiner Witwerrente maßgeblich bestimmt, ist dem Kläger von Beginn des Bezugs der Witwerrente an bewusst gewesen. In den nachfolgenden Jahren wechselten sich der Bezug der Witwerrente aufgrund fehlenden Einkommens sowie das Ruhen der Witwerrente aufgrund die Einkommensgrenzen übersteigender Einkünfte ab. Dem Kläger war bekannt, dass die Zuerkennung weiterer Beitragszeiten und Entgelte und die entsprechende Berücksichtigung im Versicherungsverlauf der Versicherten zu einer Steigerung seiner eigenen Witwerrente führen würde. Insofern ist der Senat davon überzeugt, dass sich der Kläger eingehend mit den Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Witwerrente und den Anrechnungsvorschriften auseinandergesetzt hatte und ihm bewusst sein musste, dass sich der Bezug der Altersrente anspruchsmindernd auswirken musste.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger die Überzahlung von Witwerrente für den Zeitraum vom 1. September 2007 bis zum 31. Oktober 2020 i.H.v. 10.788,90 € zu erstatten hat.

Der 1944 geborene Kläger war mit der 1955 geborenen Versicherten von 1983 bis zu ihrem Unfalltod am 18. Januar 1987 verheiratet. Die Versicherte war zunächst als Lehrerin versicherungspflichtig beschäftigt und zuletzt als Sachbearbeiterin tätig. Auf den vom Kläger 1996 gestellten Antrag wurden für die Versicherte im Rahmen der Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) Zeiten und Entgelte nach Maßgabe des Zusatzversorgungsrechts und des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) für den als Verfolgungszeit anerkannten Zeitraum vom 16. März 1982 bis zum 28. Januar 1987 festgestellt.

Der Kläger, der die Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieur führt, war ab dem 1. Oktober 1990 als Bezirksleiter der L...O. L. AG (im Weiteren:

L..) und Mitunternehmer der S.. GbR tätig und erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Mit Bescheid vom 7. März 1994 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (im Weiteren: BfA), deren Rechtsnachfolger die Beklagte ist, dem Kläger auf dessen Antrag vom 30. Juli 1992 ab dem 1. Januar 1992 große Witwerrente, die ab dem 1. Juli 1993 wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht gezahlt wurde. Unter „Hinweise“ auf Seite 2 des Bescheides heißt es: Trifft eine Witwenrente oder Witwerrente mit Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen des Berechtigten zusammen, so ist auf die Rente Einkommen i.H.v. 40 v.H. des Betrages anzurechnen, um den das monatliche Einkommen einen dynamischen Freibetrag übersteigt. Wegen der Einzelheiten des Bescheides wird auf Blatt 101 bis 118 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Zum 30. Juni 1996 wurde der zwischen dem Kläger und der L. geschlossene Handelsvertretervertrag aufgehoben. Ebenfalls zum 30. Juni 1996 meldete der Kläger sein Gewerbe als B.vertreter ab. Zum 1. Juli 1996 nahm er die Tätigkeit eines Maklers auf, aus der er nach seinen Angaben zunächst keine Einkünfte habe generieren können. Daraufhin nahm die Beklagte die Zahlung der großen Witwerrente mit Bescheid vom 29. Januar 1998 zum 1. Juli 1994 mit einer Nachzahlung von 13.821,08 DM und einer monatlichen Zahlung i.H.v. 713,11 DM ab dem 1. März 1998 wieder auf.

Nachdem die große Witwerrente ab dem 1. Juli 1999 von der BfA erneut wegen zu berücksichtigenden Einkommens nicht gezahlt wurde (Bescheid vom 4. Mai 1999), beantragte der Kläger im Januar 2001 die Wiederaufnahme der Rentenzahlung zum 1. Januar 1999. Dem entsprach die Beklagte nach Beiziehung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 mit den Bescheiden vom 2. November 2001 und vom 29. Januar 2002 für den Zeitraum vom 1. Juli 1999 bis zum 28. Februar 2002 mit Nachzahlungsbeträgen i.H.v. 8.155,44 DM bzw. 3.109,49 €. Nach Vorlage weiterer Einkommensteuerbescheide und der Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Versicherte zunächst vom 1. Aug...

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