Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorweggenommene Erbfolge

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB ist ein höchstpersönlicher Anspruch der nicht auf die Erben übergeht und somit von diesen nach dem Ableben des Erblassers auch nicht mehr geltend gemacht werden kann.

 

Normenkette

BSHG § 90; BGB §§ 419, 528

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 22.06.1992; Aktenzeichen 4 O 510/91)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.6.1992 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Gießen – 4 O 510/91 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin ist mit 13.796,24 DM beschwert.

 

Tatbestand

– abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO

Die Klägerin verlangt von der Beklagten teilweise Rückerstattung der von ihr als Trägerin der Sozialhilfe für eine Frau als Hilfeempfängerin für deren Heimunterbringung in der Zeit vom 5.8.1982 bis 18.11.1983 aus Sozialhilfemitteln erbrachten Leistungen.

Mit notariellem Vertrag vom 23.7./20.8.1982 übertrug Frau … ihren aus einem Anteil an einer Eigentumswohnung bestehenden Gesellschaftsanteil auf die Beklagte, ihre Nichte; in der Urkunde bezeichneten die Beteiligten das Übertragungsgeschäft als unentgeltlich.

Nachdem die Klägerin Anfang 1983 festgestellt hatte, daß Frau … im Grundbuch noch als Miteigentümerin der Eigentumswohnung eingetragen war, erließ sie gegen Frau … am 18.2.1983 einen Rückforderungsbescheid, gegen den diese Widerspruch einlegte. Mitte Juni 1983 erhielt die Klägerin von dem Schenkungsvertrag Kenntnis.

Erst nach dem Tode der am 18.11.1983 verstorbenen Hilfeempfängerin … leitete die Klägerin mit Bescheid vom 6.4.1984, rechtskräftig seit dem 8.9.1990, wegen der von ihr für diese erbrachten Sozialhilfeleistungen deren (angeblichen) Anspruch (§§ 528 Abs. 1 S. 1 BGB 90 BSHG) gegen die Beklagte auf sich über.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, daß die Überleitungsanzeige der Klägerin nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG nicht den Übergang eines Anspruchs nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB habe bewirken können. Da die Überleitung durch die Klägerin erst nach dem Tode der Frau … erfolgt sei, sei diese ins Leere gegangen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer bereits in der ersten Instanz vertretenen Rechtsauffassung, wonach sich – wegen der grundsätzlich nachrangigen Sozialhilfe – schon aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 90 BSHG ergebe, daß die Überleitungsmöglichkeit auch nach dem Ableben des Hilfeempfängers bestehen solle und auch der Wortlaut des Gesetzes dem nicht entgegenstehe.

Demgegenüber verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil und stellt im übrigen – wie auch schon in der ersten Instanz – in Abrede, daß im Ergebnis überhaupt eine „Schenkung” des Gesellschaftsanteils der verstorbenen Frau … vorliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Auch der erkennende Senat ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückerstattung der von ihr für Frau … als Leistungsempfängerin im Rahmen der Sozialhilfe erbrachten Aufwendungen nicht zusteht.

Ein solcher Anspruch scheitert bereits deswegen, weil die Klägerin den auf Notbedarf der Schenkerin gestützten Rückforderungsanspruch (§ 528 Abs. 1 S. 1 BGB) nach dem Tode der Hilfeempfängerin mit Bescheid vom 6.4.1984 gegen die Beklagte nicht mehr auf sich überleiten konnte.

Zu diesem Zeitpunkt bestand ein nach § 90 BSHG überleitungsfähiger Rückforderungsanspruch nicht mehr, weil mit dem Tode der Leistungsempfängerin … etwaige Rückforderungsansprüche nach § 528 BGB erloschen waren. Dies folgt aus dem höchstpersönlichen Charakter des Rückforderungsanspruchs nach § 528 BGB, der grundsätzlich nur dem Schenker selbst zusteht. Denn dieser soll vorrangig dazu dienen, eine eventuelle Notlage des Schenkers zu beheben, kann also nicht mehr von dessen Erben geltendgemacht werden und ist nicht vererblich (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 84, 883; Palandt/Putzo, Bürg. Gesetzbuch, 51. Aufl., Rdnr. 2 zu § 528 BGB; Staudinger-Marotzke, BGB, 12. Aufl., § 1922 Rdnr. 300).

Die höchstpersönliche Natur des Rückforderungsanspruchs nach § 528 BGB ergibt sich auch daraus, daß dieser nur eingeschränkt übertragbar ist. Der erkennende Senat schließt sich dabei der vom Oberlandesgericht Stuttgart (vgl. Beschluß v. 22.9.1984, BWNotZ 1985, 70) vertretenen Rechtsauffassung an, wonach dies damit begründet wird, daß der Rückforderungsanspruch aus § 528 BGB gem. § 852 Abs. 2 ZPO nur dann der Pfändung unterworfen – und damit abtretbar – ist, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Die eingeschränkte Übertragbarkeit dieses Anspruchs folgt dabei aus § 400 BGB, wonach eine Forderung nicht abgetreten werden kann, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist.

An diesem Ergebnis vermag auch der Überleitungsbescheid der Klägerin vom 6.4.1984 nichts zu ändern. Denn nach ganz her...

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