Entscheidungsstichwort (Thema)
Klage auf sozialrechtliches Kindergeld. polnischer Arbeitnehmer. Wohnsitz im Ausland. Zuständigkeit des Sozialgerichts Nürnberg. vorläufiger Rechtsschutz. Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit. Erforderlichkeit der Darlegung aller persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
Leitsatz (amtlich)
1. In Angelegenheiten nach dem Bundeskindergeldgesetz (juris: BKGG 1996) ist nur die Bundesagentur für Arbeit als Familienkasse mit Sitz in Nürnberg beteiligtenfähig, nicht aber eine ihrer ebenfalls als Familienkassen bezeichneten regionalen Untergliederungen.
2. Für Gerichtsverfahren zu Angelegenheiten nach dem Bundeskindergeldgesetz, in denen der Kläger oder Antragsteller seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland hat, ist das Sozialgericht Nürnberg das örtlich zuständige Sozialgericht.
3. Eine Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die auf die vorläufige Gewährung einer Sozialleistung in Form einer Geldleistung gerichtet ist, ist erst dann gegeben, wenn auf Grund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine unverzügliche, vorläufige Zahlung der Geldleistung erforderlich ist. Hierzu sind einerseits die Bedarfe und Aufwendungen und andererseits die Einkommens- und Vermögensverhältnisse glaubhaft zu machen. Erst nach einer Gegenüberstellung der beiden Seiten lässt sich feststellen, ob im Einzelfall ein Anordnungsgrund besteht.
Normenkette
BKGG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1-2, § 13 Abs. 1 S. 4, Abs. 3; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1, §§ 367, 369; SGG § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 69 Nr. 2, § 70 Nr. 1, § 86b Abs. 2 S. 4; ZPO § 920 Abs. 2
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 11. November 2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der polnische Antragsteller begehrt im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes die Zahlung von Kindergeld.
Der 1984 geborene Antragsteller ist verheiratet und hat zwei, in den Jahren 2009 und 2011 geborene Kinder. Die Familienmitglieder besitzen die polnische Staatsangehörigkeit und haben ihren Wohnsitz in Polen.
Am 7. November 2012 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Kindergeld bei der Familienkasse Potsdam. Damals und in der Zeit danach war er bei verschiedenen Personaldienstleistungsunternehmen beschäftigt und erzielte nach eigenen Angaben durchschnittlich ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 900,00 EUR. Der letzte Arbeitsvertrag vom 28. Januar 2013, den der Antragsteller mit einer Arbeitgeberin in Ludwigsfelde geschlossen hatte, wurde am 24. Juli 2013 bis zum 31. Januar 2014 verlängert, jedoch am 16. Oktober 2013 gekündigt. Hiergegen erhob der Antragsteller vor dem Arbeitsgericht Potsdam eine Klage, über die nach Aktenlage noch nicht entschieden ist. Nach den vorliegenden finanzamtlichen Bescheinigungen war der Antragsteller im Jahr 2012 uneingeschränkt, in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 27. Juli 2013 hingegen nur noch beschränkt einkommenssteuerpflichtig.
Die Familienkasse Potsdam bewilligte dem Antragsteller, dem bereits für frühere Zeiträume Kindergeld bewilligt worden war, mit Bescheid vom 18. Februar 2013 einen Unterschiedsbetrag für die Monate April 2012 sowie Oktober bis Dezember 2012, lehnte den Kindergeldantrag aber mit Bescheid vom 10. April 2013 unter anderem für die Zeit ab 1. Januar 2013 ab.
Mit Schreiben vom 30. Mai 2013 unterrichtete die Familienkasse Berlin-Brandenburg den Antragsteller, dass wegen eines Zuständigkeitswechsels die Verwaltungsakte an die Familienkasse Sachsen am Standort B… übersandt worden sei.
Der nunmehr anwaltlich vertretene Antragsteller hat am 23. August 2013 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel, Kindergeld ab 1. September 2013 zu erhalten.
Das Sozialgericht hat den Antragsteller am 26. August 2013 per Telefax mit Frist bis zum 4. September 2013 aufgefordert, verschiedene, im einzelnen bezeichnete Unterlagen vorzulegen. Die Familienkasse Sachsen hat mit Schriftsatz vom 27. August 2013 mitgeteilt, dass eine abschließende Prüfung des Sachverhaltes derzeit nicht möglich sei, aber innerhalb der kommenden drei Wochen geplant sei.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 5. September 2013 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil weder der Anordnungsanspruch noch der Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden seien.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat am 6. September 2013 zahlreiche Unterlagen vorgelegt.
Der Antragsteller hat am 24. September 2013 Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 mitgeteilt, dass dem Antragsteller mit Bescheid vom 29. November 2013 Kindergeld für die Monate Januar bis Oktober 2013 in Höhe von monatlich 368,00 EUR bewilligt worden sei. Ab November 2013 bestehe wegen des beendeten Arbeitsverhältnisses kein Anspruch mehr.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die...