Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Nichtzulassung der Berufung. Ermittlung des Beschwerdewerts bei einem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. fehlende Klärungsfähigkeit mangels Tatsachenfeststellung. Leistungsausschluss mangels Erreichbarkeit. Verlängerung Auslandsaufenthalt ohne Zustimmung. Bescheinigung über Erkrankung. fehlender Nachweis der Reiseunfähigkeit. Arbeitslosengeld II. Ortsabwesenheit. Divergenz. Verfahrensmangel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist die Erstattungsforderung bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht zusätzlich zu berücksichtigen, weil sie auf dasselbe wirtschaftliche Ziel wie die Aufhebungsentscheidung gerichtet ist.

2. Wenn die Vorinstanz eine Tatsache, die eine Entscheidung in dem Berufungsverfahren über eine in Betracht kommende Rechtsfrage erst ermöglicht, nicht festgestellt hat, fehlt es an der konkreten Klärungsfähigkeit. Denn die Beurteilung, ob eine Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung besitzt, hat auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu erfolgen.

3. Eine Erkrankung bedingt nicht zwingend eine Reiseunfähigkeit. Der Umstand einer Erkrankung ist in der Regel noch nicht einmal geeignet, Indiz für eine Reiseunfähigkeit zu sein.

 

Normenkette

SGG §§ 144, 153 Abs. 1; SGB II § 7 Abs. 4a; EAO §§ 2-3

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 1. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch im Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 1. Dezember 2011, in dem seine Klage auf Aufhebung eines Aufhebungs- und eines Erstattungsbescheides abgewiesen worden ist.

Die ARGE Z… Land (im Folgenden: ARGE) bewilligte dem 1963 geborenen Kläger vietnamesischer Staatsangehörigkeit mit Bescheid vom 9. September 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. Oktober 2009, 24. November 2009, 2. Dezember 2009 und 19. Januar 2010 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis 31. März 2010.

Am 21. Januar 2010 beantragte der Kläger die Zustimmung zu seiner Ortsabwesenheit für einen Monat. Die ARGE erteilte die Zustimmung für den Zeitraum vom 25. Januar 2010 bis zum 14. Februar 2010. Unter Aushändigung einer Rechtsfolgenbelehrung wurde der 18. Februar 2010 als neuer Vorsprachetermin festgelegt. Zu diesem Termin erschien der Kläger nicht.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2010 hob die ARGE die Leistungsbewilligung für die Zeit ab 15. Februar 2010 wegen unerlaubter Ortsabwesenheit ganz auf. Nach vorheriger Anhörung mit Schreiben vom 18. Februar 2010 erließ die ARGE am 11. März 2010 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. In diesem wurde die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 15. Februar 2010 bis zum 28. Februar 2010 ganz aufgehoben und die Erstattung eines Betrages von 268,97 EUR gefordert.

Die in der Verwaltungsakte befindliche Kopie von Seite 10 des Visums trägt den Einreisestempel mit Datum 26. Januar 2010 und den Ausreisestempel mit Datum 18. März 2010.

Mit zwei Schriftsätzen vom 12. April 2010 legte der Klägerbevollmächtigte Widerspruch gegen die Bescheid vom 18. Februar 2010 und 11. März 2010 ein, im ersten Fall mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er trug vor, dass der Kläger den Bescheid vom 18. Februar 2010 am 19. März 2010 erhalten habe. Erst zu diesem Zeitpunkt sei er von seiner Reise nach Vietnam, seinem Herkunftsland, zurückgekehrt. Die Rückkehr habe sich auf Grund einer Erkrankung am Urlaubsort um drei Wochen verzögert. Der Klägerbevollmächtigte legte zwei Kopien von “Bescheinigungen für Krankschreibung„ in vietnamesischer Sprache und zwei Übersetzungen vor. Die Krankschreibungen betreffen die Zeiten vom 19. Februar 2010 bis zum 28. Februar 2010 sowie vom 1. März 2010 bis zum 10. März 2010. Als Krankheitsgrund war “Ausdehnung des Sehnenbandes des linken Fußgelenkes„ angegeben. Ferner legte er einen Krankenschein in vietnamesischer Sprache und eine Übersetzung vor. Unter dem Untersuchungsdatum 15. März 2010 sind Hustenanfall und leichtes Fieber als klinische Symptome und Entzündung des oberen Atemweges als Diagnose festgestellt.

Im Schriftsatz vom 15. Mai 2010 machte der Klägerbevollmächtigte unter anderem geltend, dass es für die Kürzung der Ortsabwesenheit von den gewünschten vier Wochen auf 21 Tage ganz offensichtlich keine zwingenden Gründe gebe. Für den Vorsprachetermin am 18. Februar 2010 seien keine Gründe genannt. Es müsse vermutet werden, dass das Ermessen nicht richtig ausgeübt worden sei und eine gegebenenfalls sogar schikanös einzus...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?