Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Einkommensanrechnung. Erhöhung des Freibetrages um Unterhaltsleistungen. Nichtzahlung des Barunterhalts durch den vorrangig Verpflichteten
Leitsatz (amtlich)
Bei der Bedürftigkeitsprüfung ist vom Einkommen des Lebenspartners, der Betreuungsunterhalt erbringt, der Barunterhalt abzusetzen, wenn der vorrangig Verpflichtete keinen Barunterhalt leistet.
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 07.03.2005 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 11.07.2003 und 22.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2003 verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 28.06.2003 bis 27.07.2003 Arbeitslosenhilfe von wöchentlich insgesamt 152,74 € zu zahlen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten für die Zeit vom 28.06.2003 bis 27.07.2003 eine höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) von wöchentlich 81,90 € durch Gewährung eines Erhöhungsbetrages i.S.d. § 194 Abs. 2 Satz 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) wegen der Unterhaltspflicht seiner Lebensgefährtin für ihre leiblichen Kinder.
Der am … 1965 geborene Kläger ist alleinerziehender Vater (J. H., geb. … 1988). Er lebt seit 01.11.1999 mit der am 23.02.1967 geborenen Lebenspartnerin, A. E. (A.E.), die beim Taxigeschäft D. arbeitet, zusammen. A.E. hat zwei Kinder, I. (geb. … 1990) und C. (geb. … 1992) E., die mit im gemeinsamen Haushalt leben. Der Kindesvater zahlte im streitgegenständlichen Zeitraum für diese keinen Unterhalt.
Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) bis 15.03.2002 in Höhe von 193,48 € wöchentlich (Leistungsgruppe A, ein Kind) bewilligte die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 27.02.2003 mit Bescheid vom 21.03.2003 für die Zeit vom 16.03.2003 bis 15.03.2004 auf der Grundlage eines Bemessungsentgeltes von wöchentlich 415 € (Leistungsgruppe A, ein Kind) Alhi in Höhe von wöchentlich 152,74 €, die auch in dieser Höhe ausbezahlt wurde.
Vom 22.04.2003 bis 27.06.2003 war der Kläger als Baufacharbeiter bei der Firma S. in E. beschäftigt.
Am 24.06.2003 meldete sich der Kläger wieder arbeitslos und beantragte Alhi.
Dabei legte er eine Bescheinigung des Arbeitgebers seiner Lebensgefährtin vor, wonach diese monatlich 1.082,99 € brutto bzw. 874,14 € netto verdient.
Mit Bescheid vom 11.07.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 28.06.2003 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 415,00 € und unter Abzug eines wöchentlichen Anrechnungsbetrages Alhi in Höhe von wöchentlich 84,91 €.
Mit Änderungsbescheid vom 22.07.2003 bewilligte die Klägerin dem Beklagten für die Zeit vom 28.06.2003 bis 27.06.2004 Alhi in Höhe von wöchentlich 70,84 €, ausgehend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 415 €, Leistungsgruppe A, wöchentlichem Leistungsentgelt von 267,97 €, einem wöchentlichen Leistungssatz von 152, 74 €, von dem ein wöchentlicher Anrechnungsbetrag in Höhe von 81,90 € abgesetzt wurde.
Von dem monatlichen Nettoeinkommen der A.E. in Höhe von 885,62 € zog die Beklagte 33,18 € für Versicherungen, 13,68 € für Werbungskosten sowie einen Freibetrag von 495,21 € ab und rechnete den Rest in Höhe von 343,55 € monatlich bei der Alhi des Klägers an.
Dem Bewilligungsbescheid vom 11.07.2003 widersprach der Kläger am 15.07.2003.
Er sei alleinerziehend mit einem Kind. Seine Lebensgefährtin sei auch alleinerziehend mit zwei Kindern und seit Jahren berufstätig. Von ihrem Einkommen würden monatlich 40 % auf seine Alhi angerechnet, ohne dass ihre Kinder in irgendeiner Weise berücksichtigt würden. Unterhalt vom leiblichen Vater gäbe es nicht.
Mit Schreiben vom 13.07.2003 teilte A.E. der Beklagten mit, dass sie gegenüber ihren zwei Kindern unterhaltspflichtig sei. Ihre Kinder erhielten keinen Unterhalt von ihrem leiblichen Vater, da dieser selbst auch nur Alhi beziehe.
Am 30.07.2003 legte der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 22.07.2003 Widerspruch ein.
Zum 28.07.2003 machte sich der Kläger mit der E. Bau GbR selbständig und bekam mit Bescheid der Beklagten vom 02.09.2003 Überbrückungsgeld (Übg) in Höhe von 432,02 € monatlich bewilligt.
Mit Bescheid vom 16.09.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Ein Freibetrag für die Kinder der Lebenspartnerin könne gem. § 194 Abs. 1 S. 3 SGB III nicht berücksichtigt werden, da keine rechtliche Unterhaltspflicht bestehe.
Hiergegen hat sich der Kläger am 15.10.2003 an das Sozialgericht Chemnitz (SG) gewandt.
Im Rahmen der Bemessung der dem Kläger zu gewährenden Alhi sei nach § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB III zusätzlich zum Selbstbehalt vom Einkommen der Lebensgefährtin des Klägers ein Freibetrag in der Höhe abzusetzen, in der diese ihren beiden Kindern zur Leistung von Unterhalt rechtlich verpflichtet sei.
Mit Urteil vom 07.03.2005 hat das SG die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen zur Anrechnung eines erhöhten Freibetrages nach § 194 Abs. 1 Satz 3 S...