Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. Agentur für Arbeit. Meldeaufforderung. Persönliches Erscheinen
Leitsatz (redaktionell)
Nur solche Personen unterliegen dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII, die vom zuständigen Träger konkret-individuell dazu aufgefordert wurden, eine bestimmte Stelle aufzusuchen. Es genügt hingegen nicht, dass die betroffene Person nachvollziehbare Gründe hatte, die Stelle persönlich aufzusuchen, etwa wegen eines andernfalls drohenden Anspruchsverlusts.
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 14
Verfahrensgang
SG Leipzig (Urteil vom 20.07.2001; Aktenzeichen S 9 U 214/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 20. Juli 2001 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung ihres Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall.
Die am … geborene Klägerin bezog im Unfallzeitpunkt Arbeitslosengeld von der Bundesanstalt für Arbeit (BA). Die Klägerin erlitt am 10.1.2000 gegen 10.15 h in der … in … mit ihrem PKW einen Unfall. Dr. … D-Arzt des Krankenhauses in Leipzig, in dem die Klägerin stationär aufgenommen wurde, diagnostizierte bei ihr am Tag nach dem Unfall eine Acetabulumfraktur, eine Symphysensprengung und ein Schädel-Hirn-Trauma. Er gab an, die Klägerin habe sich im Unfallzeitpunkt auf dem Weg zum Arbeitsamt Döbeln (AA) befunden, als sie mit ihrem PKW auf die Gegenfahrbahn geraten und dieser mit einem entgegenkommenden PKW kollidiert sei.
Die Beklagte wandte sich an das AA, und fragte an, ob die Klägerin vom AA aufgefordert worden sei, persönlich das AA aufzusuchen. Dies verneinte das AA mit Schreiben vom März 2000. Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3.4.2000 die Gewährung von Entschädigungsleistungen für die Folgen des Verkehrsunfalls vom 10.1.2000 ab. Die Klägerin sei während des Unfalls nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert gewesen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) seien zwar Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, die nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) der Meldepflicht unterlägen. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung einer Dienststelle der BA nachkämen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen. Hieran fehle es bei der Klägerin.
Am 10.4.2000 zeigte das AA den Unfall bei der Beklagten an und fügte diverse Unterlagen bei. Unter anderem eine Erklärung der Klägerin, dass mit Dr. … ein Vorstellungsgespräch am Unfalltage gegen 14.00 h in Nossen vereinbart gewesen sei. Diese Erklärung war handschriftlich von Dr. … bestätigt. Die Klägerin gab gegenüber dem AA an, dass sie am 7.1.2000, einem Freitag, zu dem besagten Vorstellungsgespräch von Dr. … eingeladen worden sei.
Gegen den Bescheid der Beklagten vom 3.4.2000 legte die Klägerin am 25.4.2000 (Eingang: 27.4.2000) Widerspruch, in dem sie wörtlich ausführte (Blatt 83 der Beklagtenakte):
„Diese besondere Aufforderung erhielt ich durch meinen Arbeitsvermittler des AA sowohl in einem direkten Gespräch, als auch gleichzeitig in schriftlicher Form. Sie bestand in der Aufforderung, vor jedem Vorstellungsgespräch unbedingt die Regelung der entstehenden Fahrkosten zu einem solchen Gespräch mit dem AA zu klären. Sowohl der Erhalt dieser schriftlichen Aufforderung, als auch die Tatsache, dass am selben Tag ein Vorstellungsgespräch vereinbart war, ist eindeutig nachweisbar.”
Diese Begründung vertiefte die Klägerin in einem weiteren Schreiben vom 10.6.2000. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 30.8.2000 zurück. Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII sei eindeutig. Der Gesetzgeber habe damit beabsichtigt, dem Versuch einer weitergehenden Auslegung entgegenzuwirken. Es sollten nicht bereits alle diejenigen unfallversichert sein, die während der Arbeitslosigkeit das AA oder andere Stellen aufsuchen würden. Ansonsten käme es zu einem unkontrollierbaren Unfallversicherungsschutz von Arbeitslosen, die aus eigenem Antrieb oder aufgrund von allgemeinen Empfehlungen oder zur Erfüllung von sonstigen Mitwirkungspflichten tätig werden würden. Allgemeine Hinweise, Empfehlungen und die Aushändigung von Merkblättern seien nicht geeignet, Versicherungsschutz zu begründen. Für den Unfalltag habe keine hinreichend konkrete Aufforderung des AA vorgelegen. Die Klägerin sei vielmehr aufgrund eigener Initiative tätig geworden.
Mit ihrer beim Sozialgericht Leipzig (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen noch vorgetragen, sie habe erst am Nachmittag des 7.1.2000, einem Freitag, telefonisch die Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten. Daher hätte sie frühestens am Morgen des Unfalltages, einem Montag, mit dem AA Kontakt aufnehmen können. Am Morgen des Unfalltages habe sie vergeblich versucht, das AA tele...