Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung wegen fehlerhafter Kostensenkungsaufforderung des Grundsicherungsträgers
Orientierungssatz
1. Nach den Vorgaben des BSG ist für einen alleinstehenden Empfänger von Grundsicherungsleistungen eine Wohnfläche bis zu 60 qm angemessen. Hat der Grundsicherungsträger den Leistungsempfänger unzutreffend auf eine solche von lediglich 45 qm verwiesen, so handelt es sich insoweit um eine rechtlich nicht tragfähige Belehrung hinsichtlich einer eventuellen Unangemessenheit der Wohnkosten. Diese begründet einen den Regelfall des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB 2 durchbrechenden Anspruch auf Übernahme unangemessener Kosten der Unterkunft, wenn die Angaben zur Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen führen, vgl. BSG, Urteil vom 19.Februar 2009- B 4 AS 30/08 R.
2. Kann eine solche fehlerhafte Kostensenkungsaufforderung bereits deshalb einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten, weil der Grundsicherungsträger den Leistungsempfänger nicht auf das für ihn in Betracht kommende Wohnsegment rechtswirksam verwiesen hat, so sind infolgedessen sowohl die tatsächlichen Mietkosten als auch die entsprechenden Betriebs- und Heizkosten in der angefallenen Höhe in vollem Umfang zu übernehmen.
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 26. November 2007 sowie der Bescheid des Beklagten vom 7. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 und der Bescheid vom 11. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2005 abgeändert.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. Oktober 2005 in Höhe von 728,00 EUR monatlich und für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis 31. März 2006 in Höhe von 707,00 EUR monatlich zu bewilligen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Rechtszügen zu 8/10.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihm für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. März 2006 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für Unterkunft und Heizung zu bewilligen.
Der im Jahr 1966 geborene Kläger ist alleinstehend und erwerbsfähig. Im streitbefangenen Zeitraum hatte er kein Einkommen. Seit dem 1. Juni 1999 bewohnt er eine 58,01 qm große Mietwohnung, für die er zu Beginn des streitbefangenen Zeitraums eine Nettokaltmiete in Höhe von 279,67 EUR, kalte Betriebskosten in Höhe von 52,41 EUR und Heizkosten in Höhe von 71,19 EUR (insgesamt 403,27 EUR) monatlich zahlen musste. Ab Juli 2005 bewilligte der Vorgänger des beklagten Jobcenters Landkreis B…, der Landkreis K… (im Folgenden auch: Beklagter), dem Kläger mit Bescheid vom 7. Juni 2005 Arbeitslosengeld II in Höhe von 705,83 EUR monatlich, davon für die Unterkunft und Heizung 374,83 EUR. Er wies den Kläger darauf hin, dass dessen Kosten der Unterkunft unangemessen hoch seien, er sich deswegen mit seinem Fallmanager in Verbindung setzen solle und die übernommenen Heizkosten ausreichend sein müssten, sodass eine mögliche Nachzahlung nicht übernommen werden würde. Zur Begründung seines Widerspruchs führte der Kläger aus, ihm sei nicht erklärt worden, wie sich der Betrag von 42,75 EUR für die Heizkosten zusammensetze, und er erwarte eine Aufstellung, aus der er nachvollziehen könne, welche Kosten übernommen würden und welche nicht. Für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 31. März 2006 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Oktober 2005 monatlich 603,75 EUR Arbeitslosengeld II und legte eine Grundmiete von 230,00 EUR einschließlich kalter Betriebskosten sowie 42,75 EUR für Heizkosten zu Grunde. Die Widersprüche des Klägers, der ab dem 1. November 2005 bei unveränderter Grundmiete für kalte Betriebskosten 37,00 EUR und für Heizkosten 65,00 EUR zu zahlen hatte, wurden unter Hinweis auf die “Richtlinie des Landkreises zu den angemessenen Kosten für Unterkunft nach den Sozialgesetzbüchern II und XII„ (Unterkunftskosten-Richtlinie) vom 16. Dezember 2004 mit Widerspruchsbescheiden vom 19. Dezember 2005 zurückgewiesen.
Auf die Klage vom 17. Januar 2006 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 26. November 2007 verurteilt, dem Kläger vom 1. Juli 2005 bis zum 31. März 2006 monatliche Leistungen in Höhe von 734,00 EUR zu zahlen. Eine nachvollziehbare Kostensenkungsaufforderung sei nicht nachweisbar, sodass die Kosten der Unterkunft und Heizung in voller Höhe zu übernehmen seien, zumal für den Abzug einer Warmwasserpauschale keine Rechtsgrundlage bestehe.
Auf die Berufung des Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 15. Januar 2009 (Az. L 3 AS 29/08) den Beklagten unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung verurteilt, an den Kläger monatlich 728,05 EUR für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 2005, 605,21...