Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung. Beitragspflicht von zur Sicherung eines Bankdarlehens abgetretenen Kapitalerträgen. Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Berücksichtigung von Kapitalerträgen

 

Orientierungssatz

1. Auch Kapitalerträge, die zur Kreditsicherung an die Bank abgetreten sind und deshalb an diese zur Tilgung des Darlehens ausgezahlt wurden, unterliegen der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung und sind somit bei der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung zugrunde zu legen.

2. Die unterschiedliche Berücksichtigung von Kapitalerträgen bei freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.03.2010; Aktenzeichen B 12 KR 4/09 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 27. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung auch Kapitalerträge aus einer zur Kreditsicherung abgetretenen Kapitallebensversicherung zugrunde zu legen sind.

Der Kläger ist seit 01.01.2002 als Immobilienmakler hauptberuflich selbständig tätig und war vom 01.05.2002 bis zum 31.03.2003 bei der beklagten Krankenkasse freiwillig krankenversichert. Dieser gegenüber gab er im April 2002 in einer Einkommenserklärung an, monatlich 1.500,00 EUR aus seiner selbständigen Tätigkeit zu erzielen. Daraufhin stufte ihn die Beklagte mit Bescheid vom 02.07.2002 unter Vorbehalt ab 01.05.2002 mit einem monatlichen Krankenversicherungsbeitrag von 239,20 EUR ein; sie legte dabei Einnahmen in Höhe der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 1.758,75 EUR zugrunde.

Am 15.05.2002 löste der Kläger eine Kapitallebensversicherung vorzeitig auf, die er im Mai 1995 zur Sicherung eines Darlehens an eine Bank abgetreten hatte. Die Versicherungssumme floss der Bank zu. Das Versicherungsunternehmen bestätigte in einer Steuerbescheinigung, dass dem Kläger am 15.05.2002 für die Zeit vom 01.01.1995 bis 01.05.2005 Kapitalerträge in Höhe von 23.979,00 EUR gezahlt worden seien, wovon 5.994,75 EUR Kapitalertragsteuer und 329,71 EUR Solidaritätszuschlag einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden seien. Im Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 16.07.2004 wurde unter Zugrundelegung von Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.092,00 EUR und Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 24.243,00 EUR die Einkommensteuer auf 0,00 EUR festgesetzt.

Nachdem der Kläger einen Auszug aus seiner Steuererklärung für 2002 übersandt hatte, setzte die Beklagte mit Bescheiden vom 23.09.2004 den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag ab 01.05.2002 auf 321,14 EUR und ab 01.01.2003 auf 337,66 EUR endgültig fest; sie berücksichtigte dabei beitragspflichtige monatliche Einnahmen in Höhe von 2.361,25 EUR. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für 2002 reduzierte die Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2004 den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag ausgehend von beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen in Höhe von 2.354,00 EUR ab 01.05.2002 auf 320,14 EUR. Mit seinem am 07.01.2005 eingelegten Widerspruch wandte sich der Kläger dagegen, dass der Kapitalertrag aus der vorzeitig gekündigten Lebensversicherung trotz der Sicherungsabtretung zur Beitragsbemessung herangezogen worden sei. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 den Widerspruch zurück. Der Einkommensteuerbescheid für 2002 habe Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.092,00 EUR, Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 24.243,00 EUR und Werbungskosten in Höhe von 87,00 EUR ausgewiesen. Auf dieser Grundlage seien die beitragspflichtigen Einnahmen auf monatlich 2.354,00 EUR und die hierauf zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge auf monatlich 320,14 EUR festgesetzt worden. Bei freiwillig Versicherten seien Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Abzug der Werbungskosten beitragspflichtig. Die Einstufung habe rückwirkend berichtigt werden dürfen, weil der Bescheid vom 02.07.2002 einen entsprechenden Vorbehalt enthalten habe.

Am 11.08.2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben. Die Versicherungssumme selbst wie auch der darin enthaltene Ertragsanteil hätten nicht für den Lebensunterhalt verbraucht werden können, da sie der Absicherung eines Bankdarlehens gedient hätten und daher an die darlehensgewährende Bank abgetreten worden seien. Um seine Verbindlichkeiten gegenüber der Bank zu erfüllen, sei die Lebensversicherung vorzeitig beendet worden. Wegen der Abtretung sei das Geld nicht ihm, sondern direkt der Bank zugeflossen. In der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2008 hat sich der Kläger damit einverstanden erklärt, dass das für die gesetzliche Krankenversicherung ergehende Urteil ebenfalls für die gesetzliche Pflegeversicherung in dem streitigen Zeitraum anerkannt werde.

Mit Urtei...

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