Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Nichteinbeziehung eines neuen Bewilligungsbescheides nach § 96 Abs 1 SGG. anderer Streitgegenstand. Arbeitslosengeldanspruch. Bemessungszeitraum. Nichtberücksichtigung von nicht abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Bewilligungsbescheid, der aufgehoben worden ist, wird durch einen neuen Bewilligungsbescheid nicht im Sinne von § 96 Abs 1 SGG abgeändert oder ersetzt. Denn in dem neuen Bewilligungsbescheid wird über den Anspruch (hier auf Arbeitslosengeld) sowohl hinsichtlich der Leistungsart, der Dauer des Anspruchs als auch der Höhe vollständig neu entschieden.

2. Es verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, dass nur die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume bei der Berechnung von Arbeitslosengeld zu berücksichtigen sind.

 

Normenkette

SGB III § 136 Abs. 1 Nr. 1, § 137 Abs. 1 Nr. 3, § 141 Abs. 2 Nr. 1, §§ 142, 149 Nr. 2, § 150 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 1 Nr. 3, § 151 Abs. 1 S. 2, §§ 153, 341; SGB III a.F. § 130 Abs. 1 S. 1, § 131 Abs. 1 S. 2; AFG § 112; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 32 Abs. 1, 3, 5; SGB X § 48; SGG §§ 86, 96 Abs. 1, § 99

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 8. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung höheren Arbeitslosengeldes.

Die Klägerin meldete sich mit Schreiben vom 26. September 2014 ab dem 1. Januar 2015 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. Die Arbeitsbescheinigung der Y.... GmbH in A.... vom 25. November 2014 weist eine Beschäftigung der Klägerin vom 16. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 2013 als Kaufmännische Leiterin aus. Die Arbeitsbescheinigung der Xgesellschaft.... in W.... vom 8. Dezember 2014 weist eine Beschäftigung vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 als Transferkurzarbeiterin und ein in dieser Zeit erzieltes beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, welches beim Ausscheiden bereits abgerechnet war, in Höhe von 45.914,99 EUR aus. Ausdrücklich wurde erklärt, dass der Monat Dezember zum Austrittszeitpunkt nicht abgerechnet war.

Mit Bescheid vom 30. Dezember 2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld für 720 Kalendertage vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Dezember 2016 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 48,40 EUR auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgeltes in Höhe von 137,47 EUR.

Mit Schreiben vom 5. Januar 2015 wandte sich die Klägerin gegen die Höhe des Bewilligungsbescheides, da das Gehalt der Y.... GmbH und nicht das der Transfergesellschaft, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von 7.936,45 EUR und eine Einmalzahlung in Höhe von 12.000,00 EUR Grundlage der Berechnung des Arbeitslosengeldes sein müsse.

Mit Aufhebungsbescheid vom 7. Januar 2015 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 8. Januar 2015 auf, da eine Rehabilitationsmaßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld begann.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2015 zurück. Der Bemessungsrahmen umfasse die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014. Der Bemessungsrahmen sei auf zwei Jahre zu erweitern, wenn es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen. Arbeitsentgelte, die die Beitragsbemessungsgrenze überstiegen, würden sich auf die Höhe des Arbeitslosengeldes nicht auswirken. Der Entgeltabrechnungszeitraum Dezember 2014 gehöre zudem nicht zum Bemessungszeitraum, weil er beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis noch nicht abgerechnet gewesen sei. Im Bemessungszeitraum sei daher in 334 Tagen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt 45.914,99 EUR erzielt worden, so dass ein durchschnittliches tägliches Entgelt (Bemessungsentgelt) von 137,47 EUR zugrunde zu legen sei. Die Voraussetzungen für die Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre würden nicht vorliegen. Dies wäre nur der Fall, wenn das Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen das um 10 % erhöhte Bemessungsentgelt aus dem einjährigen Bemessungsrahmen übersteigen würde. Das Entgelt aus dem erweiterten Bemessungszeitraum betrage 104.741,99 EUR (= 58.800,00 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 [da die Bemessungsgrenze im Jahr 2013 bei 58.800,00 EUR liege] + 45.914,99 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 30. November 2014) und sei in 699 Tagen erzielt worden. Dies ergebe ein Bemessungsentgelt von 149,84 EUR, was niedriger sei als das um 10 % erhöhte Bemessungsentgelt aus dem regulären Bemessungszeitraum, das heißt niedriger als 151,21 EUR (= 137,47 EUR + 10 %).

Die Klägerin hat am 11. Februar 2015 Klage erhoben (Az.: S 18 AL 84/15). Der Bewilligungsbescheid vom 30. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015 sei abzuändern und e...

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