Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Fachgebietsfremdheit der Behandlung Erwachsener mit angeborenen Herzfehlern durch einen Kinderkardiologen auch bei erworbenem EMAH-Zertifikat. Nichtentgegenstehen der Fachgebietsgrenzen bei einer Ermächtigung nach § 116 SGB 5 eines in einem interdisziplinär besetzten EMAH-Zentrum tätigen Arztes
Leitsatz (amtlich)
Die Behandlung Erwachsener mit angeborenen Herzfehlern ist für einen Kinderkardiologen fachgebietsfremd, selbst wenn er das für die Versorgung dieser Patienten von ärztlichen Fachgesellschaften eingeführte EMAH-Zertifikat erworben hat.
Orientierungssatz
Ist ein EMAH-Zentrum interdisziplinär besetzt, verfügt es also nicht allein über Kinderkardiologen sondern auch über internistische Kardiologen, stehen der Ermächtigung nach § 116 SGB 5 eines in dem EMAH-Zentrum tätigen Arztes für dort erbrachte Leistungen nicht die Fachgebietsgrenzen entgegen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 80.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Umfang einer Ermächtigung.
Der Kläger ist Facharzt für Kinderheilkunde mit der Schwerpunktbezeichnung Kinderkardiologie und Chefarzt der Klinik für Kinderkardiologie des Herzzentrums L… - … Klinik. Der Zulassungsausschuss Ärzte L… hatte ihn mit Beschluss vom 30.03.2010 für die Zeit vom 01.04.2010 bis 31.03.2012 zur Nachsorge von am Herzzentrum L… operierten Patienten und zur Erbringung kinderkardiologischer Leistungen bei bestimmten Diagnosen jeweils auf Überweisung ermächtigt. Am 30.12.2011 beantragte der Kläger die Verlängerung und Erweiterung der Ermächtigung um weitere Diagnosen bei Patienten bis zum 18. Lebensjahr sowie um eine Reihe von Diagnosen bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern ab dem 18. Lebensjahr. Mit Beschluss vom 31.01.2012 ermächtigte der Zulassungsausschuss den Kläger für die Zeit vom 01.04.2012 bis 31.03.2014
- zur Nachsorge von Patienten, die am Herzzentrum L… operiert worden waren, auf Überweisung durch niedergelassene Kinderärzte und Internisten sowie in Medizinischen Versorgungszentren und Praxen tätige Ärzte dieser Fachgebiete und
- zur Erbringung kinderkardiologischer Leistungen, die anhand Diagnosen und Gebührenordnungspositionen näher bezeichnet waren, auf Überweisung durch niedergelassene Kinderärzte mit Schwerpunkt Kinderkardiologie, Internisten mit Schwerpunkt Kardiologie sowie in Medizinischen Versorgungszentren und Praxen tätige Ärzte dieser Fachgebiete.
Während die zusätzlich beantragten Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen in den Ermächtigungsumfang aufgenommen wurden, wurde die Erweiterung der Ermächtigung um die Behandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern abgelehnt, da die Behandlung von Erwachsenen für Kinderärzte fachfremd sei.
Hiergegen legte der Kläger am 04.04.2012 Widerspruch ein. Die Ermächtigung sei auf die Behandlung Erwachsener mit angeborenen Herzfehlern zu erweitern. Erreichten Patienten mit angeborenen Herzfehlern das Erwachsenenalter, gerieten sie in eine Versorgungslücke, da Kinderkardiologen keine Erfahrung mit Erkrankungen der Erwachsenen hätten und Erwachsenenkardiologen nur über geringe Erfahrungen in der Behandlung angeborener Herzfehler verfügten. Aus diesem Grunde sei von den Fachgesellschaften ein Zertifikat zur Betreuung Erwachsener mit angeborenen Herzfehlern (EMAH-Zertifikat) eingeführt worden, das sowohl von Erwachsenenkardiologen als auch von Kinderkardiologen erworben werden könne und über das er - der Kläger - verfüge. Die Versorgung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern stelle eine Subspezialisierung im Grenzbereich zwischen Erwachsenen- und Kinderkardiologie dar und sei daher für Kinderkardiologen nicht fachfremd.
Nach Umfragen zum qualitativen Bedarf bei den internistischen Kardiologen und den Kinderkardiologen in Sachsen und zur Verwaltungspraxis in den Bezirken anderer Kassenärztlicher Vereinigungen (KÄVen) wies der beklagte Berufungsausschuss den Widerspruch mit Beschluss vom 17.10.2012, ausgefertigt am 04.12.2012, zurück. Nach der Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) enthalte die Definition des Gebiets der Kinder- und Jugendmedizin in der Weiterbildungsordnung (WBO) der Sächsischen Landesärztekammer (SLÄK) eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung bis zum Abschluss der somatischen Entwicklung eines Jugendlichen, im Allgemeinen mit Vollendung des 18. Lebensjahres. Die Schwerpunktbezeichnung Kinderkardiologe erweitere den Kreis der Patienten nicht. Die Behandlung Erwachsener mit angeborenen Herzfehlern sei Sache der internistischen Kardiologen. Zusatzqualifikationen von Fachgesellschaften, wie hier das EMAH-Zertifikat, rechtfertigten keine andere Sichtwe...