Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers. Rechtmäßigkeit. Wirksamkeit einer Nebenbestimmung. auflösende Bedingung. Beendigung der Gültigkeitsdauer bei Wohnortswechsel. keine Überprüfung im Abrechnungsverfahren. keine Nichtigkeit von Nebenbestimmungen

 

Leitsatz (amtlich)

Sowohl die Rechtmäßigkeit eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein als solche als auch die einer im Gutschein enthaltenen Nebenbestimmung kann nicht im Abrechnungsverfahren zwischen dem privaten Arbeitsvermittler und der Bundesagentur für Arbeit geprüft werden. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die auflösenden Bedingungen (hier: Wohnortwechsel in den Bezirk einer anderen Agentur für Arbeit) im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nichtig wären (Bestätigung der Senatsrechtsprechung: LSG Chemnitz vom 19.10. 2017 - L 3 AL 24/16 - juris).

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 28. November 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 1000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein privates Arbeitsvermittlungsunternehmen, begehrt vom Beklagten die Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR.

Die Agentur für Arbeit Y..., eine Außenstelle der Agentur für Arbeit X..., stellte dem zu diesem Zeitpunkt in Y... wohnenden, 1991 geborenen und vom Sozialgericht mit Beschluss vom 6. Juni 2014 Beigeladenen am 2. Oktober 2013 einen bis zum 1. Januar 2014 gültigen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zur Auswahl eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung) für die Arbeitsvermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Der Gutschein enthielt unter der Überschrift "Nebenbestimmungen" unter anderem folgende Passage:

"Die Befristung (Gültigkeitsdauer) endet bei folgenden Ereignissen:

1. [...]

[...]

6. Wohnortwechsel in den Bezirk einer anderen Agentur für Arbeit. Ist die Vermittlung vor dem Wohnortwechsel erfolgt und wird diese Beschäftigung innerhalb der zeitlichen Befristung aufgenommen, kann bei Vorliegen der weiteren

Voraussetzungen die Vermittlungsvergütung gezahlt werden.

In den vorgenannten Fällen besteht keine Bindung mehr an die Zusicherung der Förderung."

Die Klägerin, eine zugelassene Trägerin im Sinne der Verordnung über die Voraussetzungen und das Verfahren zur Akkreditierung von fachkundigen Stellen und zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung – AZAV) vom 2. April 2012 (BGBl. I. S. 504), und der Beigeladene schlossen am 5. November 2013 eine schriftliche Vermittlungsvereinbarung.

Der Beigeladene zog ausweislich einer Melderegisterauskunft zum 1. November 2013 von Y... nach C... um.

Die V... Gesellschaft für Personaldienstleistungen mbH (C...) gab in der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung vom 14. Januar 2014 an, dass sie mit dem Beigeladenen am 27. November 2013 einen Arbeitsvertrag auf Dauer und einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden geschlossen habe. Das Beschäftigungsverhältnis bestehe ununterbrochen seit dem 28. November 2013. Der Beigeladene sei durch die Klägerin vermittelt worden.

Mit dem am 14. Januar 2014 unterschriebenen Formular beantragte die Klägerin die Auszahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe einer ersten Rate von 1.000,00 EUR.

Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Januar 2014 ab. Seit dem Umzug des Beigeladenen nach C... sei die Agentur für Arbeit X... ab dem 18. November 2013 nicht mehr für ihn zuständig gewesen. Die Vermittlung der Arbeitsstelle sei erst danach erfolgt. Damit sei der Anspruch auf Vermittlungsvergütung entfallen.

Im Widerspruchsschreiben vom 19. Februar 2014 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die Regelung zum Wegfall der Gültigkeit des Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, die bekannt sei, "jeder Logik, gesetzlichen Grundlage und Sinn" entbehre.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2014 als unbegründet zurück. Die Nebenbestimmung genüge dem Gesetzesvorbehalt des § 32 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Sie mache Sinn, weil sich die Arbeitsmarktstruktur, die Arbeitslosenquote und die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit in den einzelnen Agenturbezirken nicht unwesentlich unterschieden. Auch sei die örtliche Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen in den Bezirken unterschiedlich. Wenn der Arbeitslose in einen anderen Bezirk verziehe, würden sich die arbeitsmarktlichen Gegebenheiten ändern. Über eine Förderung zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sei unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der anderen situativen Bedingungen, denen...

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