Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Studenten bei abstrakter Förderungsfähigkeit des Studiums nach BAföG auch während Urlaubssemester. Prüfungsvorbereitung. kein besonderer Härtefall
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Student unterfällt auch während des Urlaubssemesters dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 SGB 2 (Fortführung von LSG Chemnitz vom 30.11.2010 - L 3 AS 649/10 B ER).
2. § 2 Abs 5 S 1 BAföG stellt auf den zeitlichen Umfang der Ausbildung und die zeitliche Inanspruchnahme des Auszubildenden durch die Ausbildung ab, nicht auf die zeitlichen Kapazitäten, die einem Auszubildenden für das Betreiben der Ausbildung - unter Berücksichtigung anderer, Zeit beanspruchender Verpflichtungen - zur Verfügung stehen.
3. Die Gründe für die Beurlaubung (hier: Vorbereitung auf die Latinum-Prüfung) können allenfalls zur Annahme eines besonderen Härtefalles iS von § 7 Abs 5 S 2 SGB 2 führen.
4. Zur Praxis von Hochschulen, die Vorbereitung auf eine (Wiederholungs-)Prüfung als wichtigen Grund für eine Beurlaubung eines Studenten anzuerkennen.
Nachgehend
BSG (Vergleich vom 16.10.2012; Aktenzeichen B 14 AS 83/11 R) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit seiner Beurlaubung vom Studium.
Der Kläger war seit dem Wintersemester 2007/2008 an der Universität L… für den Studiengang “Polyvalenter Bachelor mit dem berufsspezifischen Profil für das Lehramt an Grund-, Mittel- und Förderschulen sowie das Höhere Lehramt an Gymnasien mit den Fächern Englisch/Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung„ zugelassen. Nach der Immatrikulationsbescheinigung vom 24. März 2009 war das Sommersemester 2009 sein drittes Fachsemester. Der Kläger war für das Sommersemester 2009 (1. April 2009 bis 30. September 2009) immatrikuliert und zugleich beurlaubt. Als Beurlaubungsgrund ist “Vorbereitung auf eine Prüfung„ angegeben. Das zuständige Amt für Ausbildungsförderung lehnte den Antrag auf Leistungen nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) mit Bescheid vom 2. April 2009 ab, weil für Kalendermonate, in denen der Auszubildende beurlaubt sei, kein Anspruch auf Ausbildungsförderung bestehe. Im Berufungsverfahren legte der Kläger zum Beleg seines Vortrages die Anmeldebestätigung des Spracheninstituts an der Universität L… vom 29. Juni 2009 betreffend “Vorbereitung Latinum„ vom 17. August 2009 bis 4. September 2009 sowie eine weitere Anmeldebestätigung vom 2. Juli 2009 betreffend “Latein - Vorbereitung auf die mündliche Prüfung Latinum„ vom 21. bis 25. September 2009 vor.
Zusammen mit vier anderen Personen bewohnte der Kläger eine 157,16 m² große 5-Zimmer-Wohnung. Die Miete betrug 707,22 EUR, die Betriebskosten 283,00 EUR. Der Kläger bezog Kindergeld in Höhe von 164,00 EUR monatlich. Ferner bezog der Kläger Arbeitsentgelt, das ihm für eine monatliche Arbeitszeit von maximal 16 Stunden und einer wöchentlichen Arbeitszeit von maximal 10 Stunden gezahlt wurde. Nach der Einkommensbescheinigung des Arbeitgebers betrug der monatliche Brutto = Nettolohn zwischen 50,00 EUR und 100 EUR. Nach den vorgelegten Lohnabrechnungen beliefen sich die Bezüge auf 172,00 EUR für März 2009, 100,00 EUR für April, Mai, Juli und September 2009, 95,00 EUR für Juni 2009 und 97,00 EUR für August 2009.
Der Kläger sprach am 31. März 2009 bei der Beklagten vor und stellte zugleich einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. In diesem Gespräch und in einem späteren Schreiben vom 22. September 2009gab er an, dass der erfolgreiche Abschluss eines Latinums Voraussetzung zur Absolvierung seines Studiums sei. Auf Grund des daraus resultierenden zeitlichen Aufwandes sei er gezwungen, ein Urlaubssemester zu absolvieren. Außerdem biete sich für ihn die einmalige Chance, an der Erstellung des “Handbuches Antidiskriminierungspädagogik„ mitzuarbeiten. Hierzu legte er den Praktikumsvertrag mit dem Antidiskriminierungsbüro e. V. (L…) vom 22. April 2009 vor, wonach ein Praktikum für die Zeit vom 1. April 2009 bis 30. September 2009 mit einer Arbeitszeit von 25 Wochenstunden vereinbart war.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 6. Mai 2009 ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2009 zurück. Da der Kläger eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung absolviere, sei ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Kläger betreibe auch während seiner Beurlaubung sein Studium fort. Auch die zitierte Rechtsprechung (Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 5. Februar 2008, Az....