Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der stationären Akutbehandlung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation bei Alkoholabhängigkeit
Orientierungssatz
1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse für die Entgiftungsbehandlung eines Alkoholabhängigen setzt voraus, dass eine andere als die vollstationäre Behandlung nicht ausreichend war und die Behandlung nicht als stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation zu erbringen war.
2. Eine Alkoholerkrankung, die nach erfolgloser stationärer Entwöhnungsbehandlung bei andauernder schwerer Abhängigkeit und fehlender Krankheitseinsicht fortbesteht, macht im Zusammenhang mit einer durchzuführenden Entgiftung ganztägige und damit stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich.
3. Kann das Behandlungsziel der Alkoholentwöhnung durch teilstationäre oder ambulante Maßnahmen nicht erreicht werden, so ist von der Krankenkasse stationäre qualifizierte Entgiftungsbehandlung als Krankenhausbehandlung zu erbringen. Leistungen der medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger sind insoweit nicht geschuldet.
4. Grundsätzlich sollen nach der Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (PsychPV) die Krankenkassen Kostenträger für die Entzugs- bzw. Entgiftungsbehandlung sein, während die Rentenversicherungsträger die Kosten für die anschließende Entwöhnungsbehandlung übernehmen sollen.
5. Bei einer schweren Alkoholerkrankung besteht unter Berücksichtigung der engen Verzahnung von körperlicher und psychiatrisch-psychotherapeutischer Entgiftungsbehandlung Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit für die gesamte Maßnahme und damit Kostenerstattungspflicht der Krankenkasse.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 13. März 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kosten der Behandlungen des Beigeladenen zu 1 im Sächsischen Krankenhaus A. für die Zeit vom 14.07.1998 bis 21.07.1998 sowie vom 17.12.1998 bis 02.01.1999.
Am 03.07.1998 verordnete Dipl. Med. T. dem Beigeladenen zu 1 eine Krankenhausbehandlung. Dieser sei alkoholabhängig und müsse entgiftet werden. Bereits 1997 hatte sich der Beigeladene zu 1 zwei Entgiftungsbehandlungen unterzogen, wurde jedoch kurz darauf wieder rückfällig. Mit Schreiben vom 08.07.1998 zeigte das Sächsische Krankenhaus A. (SKH) der Beklagten an, dass sie den Beigeladenen zu 1 aufgenommen habe und bat um die Übermittlung einer Kostenübernahmeerklärung. Am 22.07.1998 teilte das SKH der Beklagten mit, sie habe die Behandlung des Beigeladenen zu 1 am 21.07.1998 aus sonstigen Gründen beendet. Dem Befundbericht an Dr. J. vom 22.01.1999 ist zu entnehmen, dass die Entlassung aufgrund fehlender Motivation des Beigeladenen zu 1 erfolgte. Am 24.07.1998 bat das SKH die Beklagte, die Behandlungskosten bis zum 21.07.1998 zu übernehmen, da der Beigeladene zu 1 über den 13.07.1998 hinaus der stationären Behandlung bedurft habe. Die Beklagte holte daraufhin am 06.08.1998 eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) für das Land Brandenburg ein und lehnte den Antrag des SKH auf Kostenübernahme bis zum 21.07.1998 ab. Es sei keine Verlängerung notwendig, da keine suchtspezifischen Komplikationen oder Begleiterscheinungen ersichtlich gewesen seien. Unter Bezugnahme auf den medizinischen Bericht vom 02.09.1998 bat das SKH um nochmalige Überprüfung. Zur Verhütung der Verschlimmerung und Progredienz suchtmittelbedingter somatischer Folgeschäden zur Abstinenzmotivation und Stabilisierung sei eine stationäre Behandlung im Sinne der psychiatrischen Regelbehandlung für Suchtkranke nach der Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (PsychPV) über den 13.07.1998 hinaus erforderlich gewesen. Der von der Beklagten erneut beteiligte MDK für das Land Brandenburg hielt an seiner Ansicht fest, wonach für die Zeit ab dem 14.07.1998 die ausschließlich stationär mögliche Behandlung des Beigeladenen zu 1 nicht belegt sei. Daraufhin lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Zeit vom 14.07. bis 21.07.1998 nochmals ab (Schreiben vom 15.09.1998 und 26.01.1999).
Auf die Verordnung von Dr. J. vom 04.12.1998 wurde der Beigeladene zu 1 am 11.12.1998 nochmals in das SKH aufgenommen, um seine Alkoholabhängigkeit zu bekämpfen. Das SKH teilte der Beklagten mit, eine psychiatrische Regelbehandlung nach der PsychPV sei beabsichtigt. Die Beklagte erklärte sich am 14.12.1998 bereit, die Kosten für die Zeit vom 10.12. bis 16.12.1998 zu übernehmen. Für weitere Zeiträume könnten keine Kosten übernommen werden. Mit Schreiben vom 16.12.1998 bat das SKH um die Verlängerung der Kostenübernahme bis zum 30.12.1998. Die weitere stationäre Behandlung sei zur Verhütung der Verschlimmerung und Progredienz suchtmittelbedingter somatischer Folgeschäden zur Abstine...