Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Abgrenzung: Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB 7 von freiwilliger Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. ärztlichen Hilfeleistung außerhalb der Arbeitszeiten und außerhalb der Praxis. materielle Bestandskraft eines Verwaltungsaktes
Leitsatz (amtlich)
1. Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB 7 kommt lediglich hilfsweise in Betracht, wenn Versicherungsschutz nicht bereits gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7 oder aufgrund einer freiwilligen Versicherung oder einer Versicherung kraft Satzung besteht.
2. Unfallversicherungsschutz eines niedergelassenen Arztes aufgrund freiwilliger Versicherung besteht auch bei einer ärztlichen Hilfeleistung außerhalb der Arbeitszeiten und außerhalb der Praxis, wenn die unfallbringende Tätigkeit dem Zweck des Unternehmens, kranke Personen ärztlich zu versorgen, dient.
3. Die materielle Bestandskraft (Bindungswirkung) eines Verwaltungsaktes beschränkt sich auf den Entscheidungsanspruch, den so genannten Verfügungssatz.
Nachgehend
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29.07.2009 wird unter I. wie folgt gefasst: Der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 10.06.2008 und der Widerspruchsbescheid vom 09.07.2008 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Unfallereignis vom 10.12.2006 einen Arbeitsunfall darstellt, für dessen Entschädigung die Beklagte zu 1) zuständig ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte zu 1) trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob das Unfallereignis vom 10.12.2006 einen Arbeitsunfall darstellt.
Der 1963 geborene und als Arzt tätige Kläger wurde in der Nacht vom 09.12.2006 zum 10.12.2006 gegen 1.45 Uhr durch lautstarkes Geschrei vor seinem Haus geweckt. Um der Ursache auf den Grund zu gehen, verließ er das Haus und wandte sich zunächst in Richtung Kulturzentrum M…. Als er einen Rettungswagen in den Lichtenbergweg einbiegen sah, folgte er diesem und bot seine Hilfe als Arzt an, weil er am übernächsten Haus nach seinem Wohnhaus eine leblos am Boden liegende Person gesehen hatte. Nach einem Gespräch mit den Rettungsassistenten im Rettungswagen wurde der Kläger vor dem Rettungswagen von einer Person angerempelt und von einer anderen geschlagen. Dabei wurde seine Brille zerstört, er stürzte. Kurzzeitige Bewusstlosigkeit trat ein. Er wurde mit dem Rettungswagen in die Universität L…, Notaufnahme, gefahren. Im H-Arztbericht sind eine Prellung des linken Auges mit Hämatombildung und nachfolgender Hypästhesie der linken Gesichtshälfte, persistierende Kopfschmerzen, ein Schädel-Hirn-Trauma mit kurzer Bewusstlosigkeit, eine Prellung des linken Hüftgelenks und des linken Ellenbogens und Hautabschürfungen am rechten Handballen und linken Ellenbogen diagnostiziert.
Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als niedergelassener Arzt bei der Beklagten zu 1) freiwillig versichert.
Am 18.01.2007 gab die Beklagte zu 1) das Verfahren an die Beklagte zu 2) ab. Die Zuständigkeit der Beklagten zu 2) sei gegeben. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 22.01.2007. Der Unfall habe sich in Ausübung seiner Tätigkeit als Arzt ereignet. Es sei unerheblich, ob er als Arzt oder als ärztlicher Helfer tätig gewesen sei. Für seine ärztliche Tätigkeit sei er bei der Beklagten zu 1) freiwillig versichert.
Am 15.03.2007 entschied die Beklagte zu 2), dem Kläger Verletztengeld als Folge des Versicherungsfalls zu gewähren. Daneben bewilligte sie mit Bescheid vom 26.03.2007 Mehrleistungen in Form von Geldleistungen während der Heilbehandlung bzw. Teilnahme an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Zudem gewährte sie mit Bescheid vom 19.07.2007 Leistungen für die Ersatzbeschaffung einer Brille.
Die Beklagte zu 2) lehnte mit Bescheid vom 21.05.2008 die Anerkennung des Ereignisses vom 10.12.2006 als Arbeitsunfall ab. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht zu dem bei ihr gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versicherten Personenkreis gehört. Nach der genannten Norm seien Personen versichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr Nothilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Als der Kläger am Rettungswagen angekommen sei, sei die junge Frau, wegen der der Rettungswagen gerufen worden war, von den beiden Rettungssanitätern bereits versorgt worden. Es habe keine erhebliche Gefahr mehr für ihre Gesundheit bestanden. Die Hilfeleistung sei bereits abgeschlossen gewesen. Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch des Klägers.
Die Beklagte zu 1) lehnte mit Bescheid vom 10.06.2008 die Anerkennung des Unfallereignisses vom 10.12.2006 als Arbeitsunfall ebenfalls ab. Der Kläger habe für seine selbständige ber...